– Ein Bericht von Claus Langmann –

Im Mai hatte ich mich entschlossen, in diesem Jahr wieder am VCMG-Festival in Lüneburg teilzunehmen. Vor zwei Jahren war ich schon einmal dabei und hatte nur beste Erinnerungen an die Spielatmosphäre, an die Ausrichtung, an die Spieler und besonders auch an das Städtchen Lüneburg.

Das 9-rundige Turnier, für das ich mich gemeldet hatte – das sogenannte A-Open – begann am 1.7. mit 112 Teilnehmern. Trotz Schwierigkeiten bei der Bundesbahn traf ich rechtzeitig in Lüneburg im Hotel Seminaris – dem Spielort – ein und wen treffe ich als ersten: unseren Ralf Koch, der sich auch für dieses Turnier angemeldet hatte. Und nicht nur das: Die zeitliche Einteilung verschiedener Turniere machte es ihm möglich, auch am 7-rundigen B-Open für Spieler bis DWZ 1800 teilzunehmen. Das bedeutete für Ralf natürlich fast tägliche Doppelrunden; aber wer das Schach liebt, dem bedeutet das keine Belastung, sondern die reine Freude, jedenfalls, wenn man gewinnt.

Ich begnügte mich mit einer Partie pro Tag und wollte den Rest des Tages dem schönen Lüneburg widmen. Dieser Vorstellung wurden allerdings Grenzen aufgezeigt, weil ich mich nicht mehr als so gehfähig erwies wie in früheren Jahren.

Also zum schachlichen Teil. Im Schweizer System haben schwächere Spieler in der ersten Runde immer schweres Brot zu kauen und kaum eine Chance gegen ihre jeweiligen Gegener. Auch mir erging es so: ich hatte mit FIDE-Meister Tobias Vöge einen Gegner, gegen den ich nicht bestehen konnte. In den folgenden Runden wurde es etwas besser. Nach vier Runden hatte ich 2½ Punkte, allerdings mit einem Dusel, der einen nicht so recht glücklich macht. In der nebenstehenden Stellung konzentrierte sich mein sehbehinderter Gegner auf die Geschehnisse rund um das Zentrum und verlor dabei meine am Rand auf a2 stehende Dame völlig aus den Augen. Erst als er seinen Zug De3-e2 ausgeführt und beim Heben des Kopfes meiner Dame gewahr wurde, schreckte er auf und gab auf, bevor ich überhaupt bemerkt hatte, dass er gezogen hatte.

Schön war, dass ich in einigen Partien gegen sehr junge Spieler antreten konnte. Es begann schon in der 2. Runde gegen eine 14-jährige Schülerin aus Erfurt (remis), später gegen einen 17-jährigen aus Uelzen (verloren) und der Höhepunkt war in der letzten Runde die Auslosung gegen einen sehr sympathischen 8-jährigen Jungen aus München (gewonnen). Gegen diese jungen Leute hatte ich mir eine eigene Taktik zurecht gelegt: Da diese Spieler von ihren Trainern in aller Regel theoretisch gut vorbereitet werden, habe ich ihnen als Weißer das relativ unbekannte Mittelgambit vorgesetzt und war dadurch mit Erfolg keinen Buchvarianten oder –überraschungen ausgesetzt. Mit 4 aus 9 beendete ich das Turnier auf Platz 76. Ich hatte damit einen halben Punkt mehr als vor zwei Jahren – bin also zufrieden.

Und was machte unser Ralf? Im B-Turnier – beginnend täglich um 10 Uhr – war ich meist zu müde, um ihn zu beobachten. Aber im A-Turnier nahm ich mir schon dann und wann mal eine kleine Pause, um mir seine Partie anzusehen. Dabei sind diese Fotos entstanden, die auch meinen Schachfreund Werner Schirmer vom HSK beim Kiebitzen zeigen, er saß direkt neben der Partie von Ralf. Schirmers sorgenvoller Blick war ein Blick in die Zukunft: Ralf hat diese „gewonnene“ Partie noch in den Sand gesetzt. Ralf hat natürlich dennoch seine Punkte gemacht: Im A-Open 4 Punkte (Platz 79) und im B-Open nach 7 Runden 3½ Punkte und Platz  14 (von 34).

Es gab einen weiteren Grund für meine Teilnahme an diesem Turnier: Das Treffen mit vielen Bekannten aus dem Hamburger Schachleben bis hin zum Veranstaltungsleiter „Jonny“ Carlstedt – ich habe mich gefreut, sie alle wiederzusehen.