Der Eckernförder Schachclub

– eine Chronik, erstellt von Edmund Lomer –

A. Vereinsgründung und Beginn des Vereinslebens

 

Wie entwickelte sich das organisierte Schachleben in unserer Stadt? Erste Spuren weisen auf das Jahr 1914 hin, als Fritz Stahl mit wenigen Gleichgesinnten einen Satzungsentwurf fertigte. Vermutlich brachten die Kriegsereignisse 1914-1918 zunächst weitere Absichten zum Stillstand.

Einige Jahre später war in der Eckernförder Zeitung vom 1. August 1921 unter „Verschiedenes“ zu lesen:

„Das Schachspiel, zweifellos das vornehmste Brettspiel, soll fortan auch in unserer Stadt eine Pflegstätte erhalten, wo die Freunde desselben in zwanglosem Spiel einige Stunden anregender Unterhaltung und geistiger Erfrischung finden können. Einige Herren beabsichtigen, zu diesem Zwecke einen Schachbund zu gründen, dessen erste Versammlung auf Dienstag, 2. August, 8 1/2 Uhr abends bei Hudemann angesetzt ist. Alle Schachspieler und solche, die es werden wollen, sind freundlichst eingeladen. Hoffentlich gelingt es, möglichst alle Freunde des Schachspiels für diesen Bund zu gewinnen.“

An diesem Abend gelang unter Vorsitz des Lehrers Alfred Lorenzen den Herren Christiansen, Hugo Colmorgen, Freiherr von Forstner, Koopmann, F. Liehorn, Fritz Stahl und Heinrich Wiedemann die Gründung des Eckernförder Schachklubs von 1921. Hier sollten sich künftig die Freunde des königlichen Spiels treffen und darüber hinaus intensiv  für das Schachspiel geworben werden.

Bereits einige Tage später, am 6. August, berichtete die EZ  erneut unter „Stadt und Umgegend“:

Schachklub Eckernförde: Reges Interesse wird dem vor kurzem hier gegründeten Schachklub entgegengebracht; es melden sich fortgesetzt neue Mitglieder, die Freude an dem edlen Brettspiel haben. Gestern hatte der Vorsitzende des Altonaer  Schachklubs, Ingenieur Metelmann, zufällig hier zu tun. Er benutzte die Gelegenheit, um mit Mitgliedern des hiesigen Schachklubs bei Hudemann ein kleines Turnier auszufechten. Auf verschiedenen zusammengestellten Tischen wurden 9 Bretter aufgestellt und Ingenieur Metelmann, ein starker Spieler, spielte nun gleichzeitig gegen 9 Herren von hier. Das interessante Reihenspiel endete in acht Fällen mit dem glatten Sieg des Altonaer Herrn, eine Partie blieb unentschieden.“

Die acht Gründer blieben keineswegs unter sich: Schon innerhalb kurzer Zeit stieg die Mitgliederzahl auf 27 an. Aus alten Turnierunterlagen ist ersichtlich, dass beim   ersten Turnier 1921/22 Paul Beye, Ewers, Martin Huber, Alfred Lorenzen sowie Stahl vordere  Plätze erreichten.

Im Herbst 1922 kam auch die unvermeidliche Bürokratie zu ihrem Recht: Der Kaffeehausbesitzer Hudemann zeigte mit Schreiben vom 5.10.1922 an den Magistrat der Stadt Eckernförde an, dass der „Schach- und Skatklub“ an jedem Dienstag in seinem Lokal einen Spielabend abhält und bat, hinsichtlich der Polizeistunde hiervon Kenntnis zu nehmen Nach anschließender Übersendung eines Mitgliederverzeichnisses an die Abteilung II der örtlichen Polizeiverwaltung waren endlich alle notwendigen Formalitäten geregelt.

In den nächsten Jahren stieg die Mitgliederzahl kontinuierlich. Bald zog es nahezu 40 Schach- und auch Skatfreunde  in das Stammcafé Hudemann  (Folgebesitzer Maaß, ab 1971 Heldt ) in der Nicolaistr. 1, das bis  1989 Spielstätte blieb und  dies sei gewiss: es wurde keineswegs nur „Kaffeehausschach“ geboten.

Die Tradition des Skatspielens wurde bis weit in die 50er Jahre gepflegt, während das ebenfalls vorgeschlagene Billardspielen nicht realisiert wurde.

Zahlreiche Wettkämpfe mit Schachvereinen aus Flensburg, Husum oder Schleswig förderten die Spielstärke und schafften neue freundschaftliche Kontakte. Vielfache Vereinsmeister der Vorkriegszeit waren Martin Huber und sein  Sohn Karl-Heinz, der erstmalig 1938 mit 15 Jahren Titelträger wurde und diese Leistung  13 mal,  zuletzt 1978, wiederholte. Bis zu seinem Tod im Jahre 1990 blieb dieser kombinatorisch starke Spieler eine Säule der ersten Mannschaft.

 

B. Schach in der Kriegs- und Nachkriegszeit

Bedingt durch die Kriegsjahre 1939 – 1945 mit ihren Folgeerscheinungen (Wehr- und Wachdienste, Stromsperren, Nachtschichten, Luftschutzalarme) war die Mitgliederzahl stark rückläufig – zu den Spielabenden fanden sich kaum mehr als ein Dutzend Schachfreunde ein. Aber auch im letzten Kriegsjahr hielt ein Fähnlein der Aufrechten durch.

In der Schrift von Heinrich Petersen „Kriegshilfsdienst von Jungmannschülern als Marinehelfer von 1943-1945“ heißt es u. a. :

     „. . . muß auch besonders erwähnt werden, daß Oberstudiendirektor Schaub, der in der Zeit unser Klassenlehrer war, auch nach unserer Einberufung nach Hemmelmark die     Klassenführung nicht abgab, sondern bis zur Auflösung der Klasse im Spätsommer 1944 in seiner Hand behielt. Trotz der mit der Leitung der Schule verbundenen schwierigen     Aufgaben nahm er die Beschwerden des Weges in die Batteriestellung auf sich und gab damit ein Beispiel an Einsatzbereitschaft, das großen Respekt verdiente.

    Doch wie war es möglich, den Schulbetrieb unter solchen Bedingungen zu organisieren? Natürlich konnte der Unterricht nicht in gewohnter Weise im Schulgebäude in der     Reeperbahn stattfinden, denn die Marinehelfer mußten „rund um die Uhr“ in der Batterie in Bereitschaft bleiben. Notgedrungen mußte also in der Stellung unterrichtet werden.     Direktor Schaub teilte daher bereits Ende März dem Kollegium mit: „Der Unterricht der Klasse 6 (Untersekunda, d. Vf.) wird vom April ab am Mittwoch, Donnerstag und Freitag     von 8 – 12.25 Uhr in der Batterie Hemmelmark gegeben“. Um den Lehrkräften den Weg dorthin zu erleichtern, stellte die Wehrmacht im ersten Jahr einen Dienstwagen mit Fahrer.

    Nach den Schulstunden am Vormittag, dem Batteriedienst in den frühen Nachmittagsstunden und den schulischen Abendstunden am späten Nachmittag folgte nach dem     Abendessen endlich die ersehnte Freizeit. Dann wurde Tischtennis oder Billard gespielt, aber auch Schach und Kartenspiel erfreuten sich bei manchen großer Beliebtheit.     Während der Wintermonate wurde für Interessenten aus der ganzen Batterie ein Schachturnier veranstaltet.“

Gemäß Urkunde der Militärregierung Deutschland vom 15.01.46 wurde der Schachclub wieder offiziell registriert und zugelassen, da die Satzung, deren Text leider unbekannt ist, vermutlich auch während der Zeit von 1933 bis 1945 keine diskriminierenden Passagen enthielt.  

Eine Anzeige im „Kieler Kurier“ vom 02.02. sowie die Versammlung vom 10.02.1946 gaben dem Eckernförder Schachleben starken Auftrieb. Hier beschlossen die Schachfreunde Brügge, Brüsehof, Deja, Flegel, M. und K.-H. Huber, H. Kubasch, Kultscher, Löhner, Oleinzik, Pollenske, K. Richter, Röming, Sapia, Schaub, Schöpke und Ullrich, dass der Clubname unverändert bleiben  und das 25-jährige Bestehen mit einer kleinen Feier begangen werden solle.

Als 1. Vorsitzende wirkten in dieser schweren Zeit der Dachdeckermeister Karl-Heinz  Huber (1946-48) sowie der oben erwähnte langjährige Leiter der Jungmannschule, Oberstudiendirektor Georg Schaub (1948-53).

Bei der Durchführung des Spielbetriebs gab es neben der Vorverlegung von Turnieren auf Grund von Lichtsperren noch lange Zeit weitere erhebliche Probleme.  Der erste Schachwettkampf des Eckernförder Schachclubs nach dem Krieg wurde am 04.08.1946 gemeinsam mit Flensburg und Schleswig  in der Schleistadt gegen eine Kieler Vertretung an 35 Brettern ausgetragen. Das Ergebnis von 25,5 : 9,5 für Kiel war eher zweitrangig, das Zustandekommen schwierig: Den Eckernförder Teilnehmern Dahmen, Martin Huber, Kubasch, Pollenske, Richter, Rönnau, Rose, Schaub und Ullrich  wurde die Reise durch einen Sonderbus ermöglicht, der den Kielern durch Fürsprache des Präsidenten der Reichspost in Kiel, Herrn Bauer, von der Militärregierung zur Verfügung gestellt wurde. Die Schachfreunde aus Husum und Rendsburg hatten leider keine Anreisemöglichkeit.

Zum 25. Stiftungsfest des Eckernförder Schachclubs im August 1946  bekamen die eingeladenen Schleswiger Schachfreunde von der Militärregierung leider keine Fahrerlaubnis. In seiner Festansprache hoffte Georg Schaub optimistisch auf bessere Tage. In die Zukunft schauend kam er auf das Jahr 1971, in dem viele der Anwesenden bereits unter der Erde liegen würden und meinte, dass man sich dann sicher wieder einen Grog oder eine Zigarre leisten könne. Ernst Ullrich schenkte dem Club eine goldbronzeverzierte Urkunde über die Gründungsmitglieder und die ersten 25 Vereinsmeister, die noch heute existiert.

In alten Unterlagen ist auch ein Bericht über die Club-Weihnachtsfeier am 27.12.46 erhalten:

„Eine herrliche Auswahl an Lebensmittelpreisen zur Tombola erfreute die Herzen: 6 x ½ Brot, gestiftet von der Bäckerei Meves, Gemüse, 1 Tüte Erbsen, 1 Schwerarbeiterzusatzkarte und vieles mehr. In der Festrede hieß es: Möge uns das neue Jahr bessere Lebensbedingungen gewähren und dem deutschen Volke ein Friedensvertrag beschieden sein.“ 

Die Erfüllung dieser Wünsche sollte noch einige Zeit auf sich warten lassen.

C.  Vereinsgeschichte von 1951 bis 1969

Der Lehrer Hans Schönwandt lenkte von 1953 bis 1964 die Geschicke des Vereins.

Bewahrt blieb auch eine etwas wehmütige Schrift von Martin Huber und Hans Schönwandt als „Erinnerung zweier Alten“  aus dem Jahre 1951, hier ein Auszug:

„Ja, so war es früher! Wir waren nicht nur ein Schachklub! Onkel Fritz (Stahl) machte Witz auf Witz. Fritz Stolbohm redete nur in Schillerschen Versen. Otto Koltzau fragt, ob die Karten nicht bald auf den Tisch kommen, worauf die Stimme des Schachfreundes Bayer ertönt: Noch sind wir bei dem geistigen Teil. Darauf erwidert Onkel Fritz mit sonorer Stimme: Ich habe den meinen schon fertig gemacht (häufig hatte er aber auch verloren).

Ging die Uhr aber auf zehn, dann verschwanden die Schachbretter, und die Karten kamen auf den Tisch. So donnerten sie jetzt Pik- oder Herz-As auf das Holz der Tische und das ging so fort bis zwölf – ein Uhr. Dann ruhten die Karten, dann waren die Schachfiguren verstaut und 12 – 15 Kameraden verließen leicht beschwingt das Schachlokal.

Heute ist das schachliche Geschehen in den Vordergrund gerückt. Möge die Geselligkeit in unserem Kreise wieder Einzug halten. Wir kennen keine Parteien, keine Konfessionen und keine Standesunterschiede, wir wollen nur Schachfreunde sein. Vergesst nicht die Taten der Alten, doch lasst der Jugend ihren Lauf.“

Zum Ende der 40er Jahre gab es erste Kontakte mit dem weit über Deutschland hinaus bekannten Großmeister Fritz Sämisch,

der von 1950 bis 1959 Mitglied des Eckernförder Schachclubs blieb.

Häufig hielt der Großmeister  launige Vorträge über seinen Werdegang und die Schrullen anderer Meister. Auch gab er Simultanvorstellungen für einen Betrag von 30 DM (In heutiger Zeit müssen dafür vierstellige Summen aufgebracht werden). Am 09.08.48 spielte er blindsimultan gegen Fritz von Ahlefeldt, Ullrich, Krause, Richter, Schaub, Jacobsen, Thede und Kühne – nach 6 ½ Stunden hatte Sämisch lediglich 3 Remis abgegeben und 5 mal gewonnen.

Von 1953 bis 1964 lenkte der Lehrer Hans Schönwandt die Geschicke des Vereins. Ihm folgte der bekannte Eckernförder Heilpraktiker  Wilhelm Schumacher (1964-83).

Schönwandt versuchte auch im Ost-West-Verkehr  –  zur Zeit des „Kalten Krieges“ ein schwieriges Unterfangen  –  einige Aktivitäten. Im März 1953 trat der Klub Dynamo Ostberlin an den Eckernförder Schachclub mit der Absicht heran, einen Wettkampf auszutragen. Da Schönwandt an der Förderung des Ost-West-Verkehrs sehr interessiert war, wurde brieflich ein Treffen in Eckernförde vereinbart. Die Berliner übermittelten ihre Mannschaftsaufstellung, die sehr bekannte Namen enthielt, damit die seinerzeit erforderliche Aufenthaltsgenehmigung beim   Ordnungsamt  beantragt werden konnte. Nach mehreren Anläufen (keine Behörde fühlte sich so recht zuständig) bestellte die Kriminalpolizei Sandkrug den 1. Vorsitzenden zur Vernehmung ein. Ihm wurde eröffnet, dass die Liste der Ost-Berliner Spieler dem Amt für Verfassungsschutz in Kiel vorgelegt worden sei. Dieses habe festgestellt, dass alle gemeldeten Spieler „verkappte Volkspolizisten“ seien; ein Fall, über den man heute nur lächelt. Damals jedoch war das eine sehr ernste  Angelegenheit, die Schönwandt sogar den Verdacht einbrachte, „ostzonale Propaganda“ zu betreiben.  Letztlich musste dem Berliner Schachklub mitgeteilt werden, dass „wegen Terminschwierigkeiten“ kein Wettkampf stattfinden kann.

Als starke Spieler traten in den 50er und 60er Jahren Friedrich Sörnsen, Walter Thede sowie nach wie vor der unverwüstliche Karl-Heinz Huber  hervor. Thede eroberte 1957 den Landespokal und scheiterte auf Bundesebene erst am Hamburger Internationalen Meister Alfred Brinckmann (später Kieler SG).

D. das Vereinsgeschehen bis zur Jahrtausendwende (1970 – 2000)

Ab 1964 lenkte der bekannte Eckernförder Heilpraktiker Wilhelm Schumacher die Geschicke des Vereins über einen langen Zeitraum hinweg (1964 – 1983).

Die 1. Mannschaft der 70er Jahre spielte mit Hans Sell, Karl-Heinz Huber, Wilhelm Jäke, Holger Hadler, Klaus-Dieter Leder, Korvettenkapitän Lothar Meyer, Walter Thede und Ernst Becker.

Die Bundesmeisterschaft der Damen 1962 war das bedeutendste vom Eckernförder Schachclub im Auftrag des Deutschen Schachbundes ausgerichtete Turnier. Im Hotel „Seegarten“ zeigten 14 Damen aus allen Teilen der Bundesrepublik ihr Können am Schachbrett. Für Schleswig-Holstein spielten Margarete Herder/Kiel und Dietlind Scheil/Preetz; den Turniersieg teilten sich Anneliese Brandler / Hamburg und Margarete Grzeskowiak / Hessen.

Das   Nordische Turnier 1974 – ein internationaler Mannschaftswettkampf – sah in Eckernförde Spitzenspieler aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden und Deutschland (mit Robert Hübner, Ludek Pachman, Klaus Darga, Jürgen Dueball, Klaus Wockenfuß sowie Frau Fischdick)  an den Brettern.

Zu den Jubiläen veranstaltete der Eckernförder Schachclub sowohl Turniere als auch gesellige  „Bunte Abende“  mit Ehrengästen. So kamen zum 50. Stiftungsfest  Mannschaften aus Friedrichsort, Lübeck und Rendsburg zu einem Schnellturnier nach Eckernförde.

Zum 60Geburtstag des Vereins wurde unter hoher Beteiligung in der Stadthalle ein internationales Mannschafts-Schnellturnier veranstaltet. Hier stiftete  Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg einen Ehrenpreis.

Der Eckernförder Schachclub richtete bereits seit den 50er Jahren mehrere Landesmeisterschaften (1956, 1964, 1973, 1980, 1983, 1984, 1991 und 2001) in unserer schönen Stadt aus. Seit Großmeister Sämischs Zeiten (Landesmeister 1947, 1948, 1952 und 1957) stellte  unser Verein allerdings keinen Landesmeister mehr.  Immerhin erreichten in der Meisterklasse Wilhelm Jäke im Jahre 1979 sowie Edmund Lomer 1992 jeweils den fünften Platz.

Bei den Senioren (Teilnahme ab dem 60. Lebensjahr) gewann der 74-jährige  Karlis Kreslins im Jahre 1988 überraschend den Landestitel. Die aus der Eckernförder Vereinsjugend hervorgegangenen Zwillinge Wolfgang und Manfred Homuth wurden, für die Kieler SG spielend, 1991 bzw. 1996 Landesmeister.

Von 1983 bis 1995 wirkte Werner Schmidt – zuvor lange Jahre Schriftführer – als 1. Vorsitzender  für den Club; er erreichte 1992, das viele Mitglieder belästigende  Rauchen aus den Spielräumen zu verbannen. Lohn für seine erfolgreiche  Vereinsarbeit war 1995 seine Wahl zum Ehrenvorsitzenden.

Ihm folgte Dieter Eigenberz (1995 – 1999), der zum 75. Stiftungsfest für eine gelungene Veranstaltung im Göthebyer „Lindenhof“ sorgte. Statt Schach gab es hier bei kaltem Büffet andere Spiele wie Bingo und Kegeln.

Im September 1999 wurde der 1979 aus Berlin zugezogene Edmund Lomer  – seit 1980 im Vorstand des Vereins – zum 1. Vorsitzenden gewählt. 

E. Aus der Jugendarbeit

Die Jugendarbeit  war schon bald nach Kriegsende recht erfolgreich. In den 70er Jahren  förderte sie unter der Betreuung von  Erich Breier, Dieter Löwenstrom (1. gewählter Jugendwart 1975 ) sowie Hans Sell  zahlreiche Talente wie Gerhard Breier, Graf, Plass, Bernd Schlicht  und Jürgen Thede.

Das Jugendteam sorgte mit  Manfred und Wolfgang Homuth, Olaf Burkart sowie Jan Dreesen für Furore und spielte 1983 sogar in der Landesliga. Das jüngste Talent war Arthur Gantzckow, der mit 13 Jahren zum Verein kam.

Bis Mitte der 80er Jahre aufgrund der rührigen Arbeit des damaligen  Jugendwarts Ulf-Diether Ehlert  von hohem Standard, gelangte die Jugendarbeit nach kurzer Stagnation durch den zuverlässigen Einsatz von Bruno Geruschkat sowie Jugendtrainer Claus Langmann wieder zu neuer Blüte. Zur Zeit spielen beim Club über 20 Jugendliche – davon  mehrere  Mädchen – im Alter von 8  bis  16 Jahren  begeistert mit. Viele von ihnen wurden durch einen Zeitungsbericht im Februar 2000 über den Besuch unserer Bürgermeisterin Susanne Jeske-Paasch angeregt, im Verein mit Gleichgesinnten zu spielen.

Seit  April 2000 spielt der damals 12-jährige Aljoscha Feuerstack im Verein. Dieses außergewöhnliche Talent gehört zu den Besten seiner Altersklasse auf Bundes-ebene. Logische Konsequenz war, dass er einen Stammplatz in der ersten Mannschaft bekam. Inzwischen verstärkt er die Oberligamannschaft von Norderstedt.

F. Aktives Vereinsleben der Gegenwart

In jeder Saison werden die Vereins- und Pokalmeisterschaft ausgetragen sowie der Blitz- und  Schnellschachmeister  ermittelt. Während der Sommersaison gibt es mehrere von der Kurverwaltung veranstaltete unterhaltsame Turniere: Beim  Simultanspiel im Ratssaal „Einer gegen alle“ tritt ein Spieler des Klubs gegen 15 – 20 Gegner an. Beim Bäder-Blitz-Turnier spielen  Gäste und einheimische Schachfreunde im Blitztempo um einige von der Touristik GmbH  gestiftete leckere Aale. Auch die Freiluftturniere am Strand bei der Stadthalle unter fachkundiger Leitung von Hans Sell sind bei den Urlaubs- und Kurgästen der Stadt sehr beliebt.

Der 1. Mannschaft gelang in den 80er Jahren dreimal der Aufstieg in die Landesliga Schleswig-Holstein, ohne dass die Klasse auf Dauer gehalten wurde. Aktuell spielte das Team in den letzten drei Jahren in der Landesliga, ist aber in der Saison 2004/05 abgestiegen.  Die 2. Mannschaft spielt recht erfolgreich in der Bezirksliga Nord. In der Saison 2005/2006 stellen sich insgesamt vier Mannschaften zu den Bezirkswettkämpfen.

G. Ausblick

Heute hat der Eckernförder Schachclub  über 60 Mitglieder und hofft insbesondere durch die stetig  wachsende Jugendabteilung auf  weitere gute Entwicklung. Montags ab 19 Uhr beginnt der Spielabend in der Bürgerbegegnungsstätte am Rathausmarkt,   das spielerische Training für die Jugend beginnt unter fachkundiger Betreuung von Claus Langmann und Bruno Geruschkat bereits um 17 Uhr 30. Zur gleichen Zeit wird ein Schnupperkurs für Erwachsene angeboten.

Abschließend folgt die „Hitliste“ des Vereins: 1996 bzw. 1999 wurden Hans Sell und Ernst Becker für ihre 50-jährige Mitgliedschaft geehrt.

Unerreicht bei der Zahl errungener Vereinsmeisterschaften wird wohl Karl-Heinz Huber bleiben: Zwischen 1938 und 1978 errang er 14 mal den Titel!  Besonders erfolgreich blieben auch Friedrich Sörnsen (9 Titelgewinne zwischen 1950 und 1968), Edmund Lomer (8 Meisterschaften zwischen 1981 und 2001) sowie der im Jahre 1999 verstorbene Walter Thede, der von 1951 bis 1990 fünf mal Titelträger war.

Vier Clubmitglieder  erhielten für herausragende sportliche Leistungen das Sport-Ehrenblatt der Stadt Eckernförde: Manfred Homuth im Jahre 1996, Edmund Lomer im Jahre 2000 sowie Jan Dreesen und Aljoscha Feuerstack im Jahre 2003.

Für die Überlassung von Unterlagen aus alter Zeit sowie weiteren Hinweisen danken wir dem Leiter des Museums Eckernförde, Dr. Uwe Beitz sowie den langjährigen Mitgliedern Ernst Becker, Friedrich Sörnsen und Hans Sell.

Über weitere Informationen insbesondere zu den ersten Jahrzehnten des Schachclubs würden wir uns sehr freuen, blieb doch gerade aus jener Zeit noch einiges im Verborgenen.

Eckernförder Schachclub, Fassung April 2005

Kontakt: Edmund Lomer,  Brookhörn 4 in 24340 Eckernförde, Tel. (04351) 45 994,
e-mail : Lomer-Richter@t-online.de

Großmeister Sämisch in Eckernförde

– Zusammengestellt von Edmund Lomer –

Friedrich „Fritz“ Sämisch, geboren am 20.09.1896 in Charlottenburg bei Berlin, gestorben am 16.08.1975 in Berlin-Wannsee, war ein deutscher Großmeister. Er lebte in bescheidenen Verhältnissen zunächst in Berlin, später in Hamburg. Von 1910 bis 1914 erlernte Sämisch den Beruf des Buchbinders und nahm ab 1915 als Soldat am ersten Weltkrieg teil. Wegen schwerer Verwundungen musste er über zwei Jahre in Lazaretten zubringen. In dieser Zeit wandte sich Sämisch ernsthaft dem Schachspiel zu und trat im Herbst 1918 der Berliner Schachgesellschaft bei. Hier lernte er die bedeutendsten Schachspieler seiner Zeit kennen, wie z. B. den Weltmeister Emanuel Lasker oder den späteren Weltmeister Alexander Aljechin.

In der Folgezeit verdiente Sämisch seinen Lebensunterhalt als Berufsschachspieler. Er hatte sich diesen Beruf gewählt mit all seinen Unwägbarkeiten, die in ihm steckten. Sein Leben ausschließlich vom Schachspiel zu fristen, bedeutete zu damaligerZeit, stets in Geldnot zu sein. Von der Hand in den Mund lebend, zog Sämisch durch die Lande, von innerer Unrast getrieben und ständig nach Verdienstmöglichkeiten (Simultan- oder Blindvorstellungen) Ausschau haltend. Seiner Bedürfnislosigkeit entsprechend, lebte er nur aus dem Koffer. Von Turnier zu Turnier, von Hotel zu Hotel, führte er das Leben eines echten Schachglobetrotters. Mehr als sein kleines Köfferchen brauchte er nicht.

Zwischen 1920 und 1930 war Sämisch einer der stärksten Spieler Deutschlands und erreichte hervorragende Turniererfolge. Neben Siegen in kleineren Turnieren (Wien 1921, Berlin 1922, Spa 1926 und Swinemünde 1930) war sein 3. Platz im großen Turnier von Baden-Baden 1925, wo die Spitzenspieler der Welt ihre Kräfte maßen, hinter Aljechin und Rubinstein, aber vor Bogoljubow, Marshall, Tartakower und Nimzowitsch eine seiner größten Leistungen. Sämisch gehörte zu den wenigen Spielern, die eine Partie gegen den seinerzeit fast unbezwingbaren José Raoul Capablanca (Weltmeister von 1921 bis 1927) im Turnier von Karlsbad 1929 gewinnen konnte. Mit der deutschen Mannschaft nahm er an zwei Schacholympiaden teil und belegte mit dieser 1930 in Hamburg und 1936 in München den dritten Platz. Sämisch wurde 1950 vom Weltschachverband als erstem deutschen Spieler der Titel des Großmeisters verliehen.

Obwohl Sämisch ein guter Blitzschachspieler war, konnte er in Turnierpartien seine Bedenkzeit nicht richtig einteilen, was ihm viele Punkte durch Zeitüberschreitung kostete. Ein Kuriosum soll es im Turnier von Linköping 1969 gegeben haben, in dem er alle Partien durch Überschreiten der Bedenkzeit verlor. Bis zu seinem Tode nahm er an großen und auch kleineren Turnieren teil. Als tiefgründiger Theoretiker brachte Sämisch mehrere wichtige Ideen in die Eröffnungstheorie ein. Daneben war er ein herausragender Blindspieler, der in seiner besten Zeit gleichzeitig an 20 Brettern blind spielte.

Schon zum Ende der 40er Jahre gab es erste Kontakte des Eckernförder Schachklubs mit dem weit über Deutschland hinaus bekannten Schachmeister. Im Jahre 1950 trat Fritz Sämisch in den Schachclub ein, nachdem er sich bei seinem Gönner Friedrich Freiherr von Ahlefeldt-Dehn, Mitglied des Eckernförder Schachklubs und mehrfacher Vereinsmeister, nahe des Gutes Booknis niedergelassen hatte. In dieser Zeit versuchte der damalige 2. Vorsitzende des Eckernförder Schachklubs, Ernst Ullrich, sowohl Sämisch als auch Freiherrn von Ahlefeldt für Wettkämpfe seines Vereins zu gewinnen. Ein Beispiel ist sein Schreiben vom 28.02.1951, das beide zur Teilnahme an einem Bezirkswettkampf zu gewinnen suchte. Häufig hielt der Großmeister launige Vorträge über seinen Werdegang und die Schrullen anderer bekannter Meister. Auch gab er für einen Betrag von 30 DM zahlreiche Simultanvorstellungen im Schachclub und auch für Gäste – in heutiger Zeit reichen dafür kaum vierstellige Beträge.

Einige überlieferte Beispiele zeigen seine Aktivitäten, die dem Zweck dienten, sowohl Werbung für das Schachspiel zu betreiben als auch zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes, zumal er ein starker und leidenschaftlicher Raucher war. Am 18.03.1948 spielte Sämisch in Eckernförde an 30 Brettern simultan mit den hervorragenden Ergebnis von 24 Gewinnen und jeweils 3 Remis und Verlusten.

Am 09.09.1948 spielte der Meister in Anwesenheit zahlreicher Zuschauer blind gegen acht der stärksten Spieler des Eckernförder Schachklubs. Dabei gewann er gegen Ernst Ullrich, Konrad Krause, Georg Schaub (1. Vorsitzender des Schachklubs), Emil Jacobsen sowie Walter Thede und remisierte gegen Friedrich von Ahlefeldt, Kurt Richter und Oskar Kühne. Diese Veranstaltung dauerte erstaunliche und kraftraubende 6½ Stunden!

Wer Sämisch einmal beim Blindsimultan erlebt hat, wird das gebotene Bild im Gedächtnis behalten: einen großen Topf dampfenden Kaffees in Reichweite und mehrere Schachteln Zigaretten vor sich aufgestapelt, in blauen Tabakdunst gehüllt, so saß er mit dem Rücken zu den hinter ihm aufgebauten Brettern der Spieler und sagte seine Züge ohne Ansicht der Bretter an. Kaffee und Zigaretten galten für Sämisch als Grundnahrungsmittel, wie spöttisch behauptet wurde.

Am 07.07.1949 erschien Meister Sämisch auf der Rückfahrt von einem internationalen Turnier in Oldenburg unverhofft im Vereinsspielort (seinerzeit Café Maaß, später Heldt) und bereitete den Klubmitgliedern sowie Gästen einen unterhaltsamen Abend. Sämisch charakterisierte zunächst die 18 Teilnehmer des Turniers, erörterte deren Chancen und führte drei spannende Partien vor. Anschließend spielte er-voller Begeisterung für das Schachspiel und unverwüstlich wie er war noch in später Stunde an 15 Brettern simultan mit hervorragendem Ergebnis: 11 Gewinne, drei Remis und nur eine Verlustpartie gegen Johannes Rönnau. Auch bei den jährlich ausgetragenen Schleswig-Holsteinischen Landesmeisterschaften schlug sich Sämisch prächtig. So teilte er sich in Neumünster 1951 mit drei weiteren Spielern den 1. Platz.

Den 60. Geburtstag von Fritz Sämisch am 20.09.1956 feierte der Eckernförder Schachklub im großen Rahmen, indem das alljährliche Stiftungsfest mit der Geburtstagsfeier zusammengelegt wurde. Die hierzu eingeladenen Rendsburger Schachfreunde erschienen zahlreich und das Fest verlief sehr harmonisch. Sämisch, der durch eine Ansprache und ein Buchgeschenk geehrt wurde, erzählte in seiner launischen Art über seinen Werdegang und bemerkenswerte Ereignisse in seiner Schachlaufbahn.

Bei der Landesmeisterschaft 1957 spielte Sämisch auf wie in seinen besten Tagen und wurde Landesmeister vor Madle/Meldorf, Pagenkopf/Kiel, Krüger/Lübeck und Suckau/Flensburg.

Bei dieser schillernden Persönlichkeit blieb es nicht aus, dass sich eine Fülle von Anekdoten um ihn rankten. Hier einige Beispiele: Nach einer schachlichen Festveranstaltung zogen sich Sämisch und zwei andere Meister zum Skat in ein Nebenzimmer zurück. Als das erste Spiel ausgegeben wurde, sagte Sämisch so recht behaglich: „Endlich einmal ein Spiel, bei dem man denken muss.“ Nach erstaunten Blicken seiner Partner fügte er lächelnd hinzu: „Nun, ja, das Schach ist doch ein ausgesprochenes Glücksspiel!“

Sämisch, dessen Orientierungssinn in fremden Städten oft zu wünschen ließ, hatte gemeinsam mit dem Hamburger Meister Brinkmann an einer Veranstaltung teilgenommen. Brinkmann, der mit Sämisch im selben Quartier wohnte, hatte sich bereits entfernt. Als Sämisch später folgte, aber das Quartier nicht wiederfand, soll er, laut „Brinkmann, Brinkmann“ rufend, zu nächtlicher Stunde durch die bereits menschenleeren Straßen gelaufen und tatsächlich erfolgreich gewesen sein.

Bei einem Turnier spielte Tröger gegen Sämisch. Dieser überschritt die Bedenkzeit, ohne es zu merken und brütete weiter über der Stellung. Tröger bat aus journalistischem Interesse den Schiedsrichter, Sämisch nicht zu stören. Er wolle herausfinden, wie lange es dauern würde, bis er seine Zeitüberschreitung bemerkte. Es dauerte. Endlich, nach fast 40 Minuten blickte Sämisch hoch, schaute auf die Uhr und reichte die Hand zur Gratulation.

Fritz Sämisch lehnte während einer Partie ein Remisangebot mit den Worten ab: „Wie kann ich Remis annehmen? Ich weiß ja gar nicht, wie ich stehe!“

Als Sämisch einst in Zürich ein Taschenschachspiel kaufen wollte und sich nach dem Preis erkundigte, antwortete der Ladeninhaber, der Schweizer Meister Grob: „Für Sie, Meister, kostet es nichts“. Darauf Sämisch: „Dann geben Sie mir doch gleich zwei!“

Die Altmeister Sämisch und Ahues saßen sich einst im Turnier gegenüber und die Partie sollte beginnen. Sämisch war Anziehender und … zog nicht. Stattdessen versank er immer mehr ins Nachdenken. Da meinte Ahues schalkhaft: „So ist’s recht. Die Stellung muss man sich einprägen, sie kommt nicht oft vor.“

Sämisch blieb bis 1959 dem Eckernförder Schachklub treu und verlegte dann seine schachliche Tätigkeit nach Kiel, wo er für die Kieler Schachgesellschaft spielte.

Quelle: Helmut Wieteck: Schach-und Lebenskünstler Friedrich Sämisch. Großmeister-Biographien-Reihe. Nürnberg (Münster Verlag), 1987 – Die Fotos stammen aus der Chronik des Hamburger Schachklubs.