An dieser Meisterschaft, die vom 05. bis zum 13. August 2014 in Bad Neuenahr ausgetragen wird, nimmt unser Ehrenvorsitzender Edmund Lomer teil. Er spielt in der A-Gruppe (offen für alle Spieler) und ist unter den (genau) 200 Spielern an 113 gesetzt. Ein deutliches Indiz für die Stärke des Turniers! Auch seine Ergebnisse werden wir an dieser Stelle verfolgen.

 

Rd. 1

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Punkte

Platz

Edmund Lomer

0

½

½ 

1

0

0

1

½ 

½ 

4

132.

FC St. Pauli Open 2014

– Ein Bericht von Ralf Koch und Dustin Möller –

In der Woche vom 19.07. -27.07.14 fand das 5. FC St. Pauli – Open in Hamburg statt. Ebenso wie letztes Jahr wurde unser Verein von Ralf Koch und Dustin Möller vertreten, diesmal im B-Open, welches jeden Spieler mit einer TWZ unter 1900 zum Mitspielen berechtigt, um das sagenhafte Preisgeld von 800 Euro für den ersten Platz zu kämpfen. Im B-Open spielten 111 Spieler – gesetzt waren unsere beiden Matadoren an 27 (Dustin) und 41 (Ralf).

In der Folge werden wir dem Leser in Form eines Tagebuchs Einblick in unsere Runden und Gedankengänge ermöglichen.

Vor dem Turnier

Ralf:

Nach der für meinen Geschmack viel zu langen Sommerpause ohne ernsthafte Turnierpartie war die Vorfreude auf das St. Pauli B-Open, für das ich jetzt das dritte Jahr in Folge gemeldet hatte, natürlich groß. Um ein realistisches Ziel für dieses Turnier anzupeilen, hatte ich mir vorgenommen, meinen 41. Platz in der Setzliste in der Endabrechnung deutlich zu übertreffen. Außerdem hatte ich auf Grund diverser Zeitnotprobleme in der vergangenen Saison und den daraus resultierenden Punktverlusten viel an meinem „Zugfindungsprozess“ gearbeitet und war gespannt, ob mein Training in dieser Richtung positive Ergebnisse bringen würde.

Dustin:

Nachdem ich im vergangenen Jahr noch im A-Open 4½/9 geholt hatte, musste ich mich in diesem Jahr aufgrund von 4 fehlenden Elo-Punkten zur 1800er Grenze mit dem B-Open begnügen. Und das heißt: alles auf Sieg, ist doch klar!

 

19.07.2014 – 1.Runde

Ralf:

Endlich geht´s los. Mein Gegner in der ersten Runde hieß Alexander Weissmann und bekam die weißen Steine. In einer Grünfeld-Indischen Partie verlor er bald nach der Eröffnung den Faden. Dies führte recht schnell zu Schwächen in der Bauernstruktur und wenig später zu Qualitätsverlust. Die Abwicklung in ein gewonnenes Endspiel war dann nur noch Formsache.

Dustin:

Motiviert bis unter die Haarspitzen ging es also in die erste Runde. Die traditionell durch große Spielstärkeunterschiede geprägte erste Runde brachte mir ein Duell mit der 78-jährigen Marianne Graffenberger vom Hamburger Schachklub ein. Das Spiel lief früh in eindeutige Bahnen aufgrund einer zu passiven Aufstellung meiner Gegnerin. Vielmehr war die Analyse im Nachhinein ein wirklich spaßiges Erlebnis. Es ist immer wieder erfrischend, wie Schach den Generationenaustausch fördert! Marianne entließ mich letztendlich noch mit der Vorgabe, unseren werten Herrn Webmaster Claus Langmann zu grüßen. Dem komme ich auf diesem Wege gerne nach!

 

20.07.2014 – 2.Runde

Ralf:

Mein Gegner in der zweiten Runde war mit dem an 4. gesetzten Stefan Haack vom SC Diogenes dann schon ein ganz anderes Kaliber. Eigentlich lief in der Eröffnung alles sehr gut für mich, aber anstatt eine für mich vorteilhafte Fortsetzung zu wählen, vertauschte ich zwei Theoriezüge und verblieb mit einer völlig desolaten Bauernstruktur und dazu noch inaktiven Stellung. Ich glaube nicht, dass ich es ihm danach besonders schwer gemacht habe, den vollen Punkt nach Hause zu bringen. Nach zwei Runden also ein durchwachsener Start. Es bleibt mir aber noch eine ganze Woche, diese Scharte wieder auszumerzen.

Dustin:

Während Ralf schon in der zweiten Runde ein hartes Brett gelost bekam, sollte mir das „Losglück“ den jungen Tim Meyerfeldt vom SKJE aus Hamburg bescheren. Der Schachklub Johanneum Eppendorf ist seit vielen Jahren für seine hervorragende Jugendarbeit bekannt, besonders durch das Engagement Hendrik Schülers im Trainingsbereich.

Ohne genaue Vorstellung, was mich erwarten würde, entschied ich mich für 1.e4. Ein für mich untypischer Zug, aber gerade deswegen gegen einen gut vorbereiteten Gegner genau das Richtige. Es entstand ein Sizilianer fernab jeder Theorie, in dem ich meinem Gegner durch einen Isolani auf d4 eine langfristige Schwäche zufügen konnte. Im weiteren Spielverlauf kämpfte ich früh mit der Zeitnot, vermochte es aber dennoch, folgende Stellung nach 24. … Dc8 herbeizuführen. Hier gelingt der taktische Schlag Sxf7! Als kleine Denkaufgabe kann der Leser diese Aufgabe selber einmal durchknobeln.

Ich gewann die Partie und war somit mit 2 aus 2 gestartet, wie ich es mir erhofft hatte.

 

21.07.2014 – 3.Runde

Ralf:

In dieser Runde bescherte mir das Paarungsprogramm den Langenhorner Winfried Meyer. Schnell sah das Brett  aus, wie man es inzwischen fast von mir gewohnt ist. Es brennt, aber in dieser Partie leider hauptsächlich auf meiner Bretthälfte. Mit Gewalt, das heißt in diesem Fall mit einem inkorrekten Figurenopfer gegen drei Bauern, versuche ich, mich zu befreien. Um seine Initiative festzuhalten und damit meine Bauernmehrheit nicht ins Laufen kommt, antwortet mein Gegner mit einem Qualitätsopfer – und jetzt steht mein König erst richtig „mit den Haaren im Wind“. Mit sehr viel Mühe und nachdem mein Gegner eine gewinnbringende Fortsetzung übersehen hatte, gelingt es mir, seinen Angriff abzuwehren und selbst die Initiative zu übernehmen. Wenige Züge später kann er das Matt nicht mehr verhindern und gibt auf. Am nächsten Tag fragt Dustin mich doch glatt, wie ich diese Partie noch gewinnen konnte. Natürlich war meine mit selbstsicherem Gesichtsausdruck vorgetragene Antwort: „Immer alles im Griff gehabt!“

Dustin:

Nach meinem Exkurs ins Sizilianisch am Vortag entschloss ich mich in dieser Runde, diesen Stellungstyp mit Schwarz aufs Brett zu bringen. Schon in der Vorbereitung konnte ich der Datenbank entnehmen, dass mein Gegner auf 1.e4 c5 2.c3 die sogenannte Alapin-Variante bevorzugte. Dieser „Anti-Sizilianer“ ist auf Vereinsebene relativ beliebt, da er sich von den langen ausanalysierten Theorievarianten wegbewegt. Ich erhoffte mir eine Stellung, die früh aus der Balance geraten würde und mir somit auch mit Schwarz die Chance eröffnet, auf Sieg zu spielen. Mein Gegner Stefan Haack, Ralfs Nemesis aus Runde 2, war jedoch nicht sonderlich aggressiv aufgelegt und wählte ein relativ ödes Abspiel, in dem sich früh ein damenloses Endspiel ergeben sollte. Nach schon knapp einer gespielten Stunde einigten wir uns auf die Punkteteilung.

22.07.2014 – 4.Runde

Ralf:

Finn Lukas Winkler, ein noch jugendlicher Spieler aus Uetersen, ist mein nächster Widerpart. Ziemlich früh gerate ich unter Druck und muss zwei unangenehme Doppelbauern hinnehmen. Gekonnt wickelt mein Gegner ins Endspiel ab und auf Grund meiner schlechten Bauernstruktur stehe ich mit dem Rücken zur Wand. Getreu den Empfehlungen von GM Karsten Müller auf seinen ChessBase Endspiel-DVDs schaffe ich es, meinen letzten Turm so aktiv aufzustellen, dass er Turm und König meines Gegners an dessen schwache Bauern bindet. Kurz darauf stellte Finn Lukas dann auch seine Gewinnversuche ein und es kam zur Punkteteilung.

Dustin:

Bestrebt, mit Weiß in der 4. Runde den nächsten vollen Punkt folgen zu lassen, entschied ich mich in meiner Partie gegen den sehr sympathischen (und am Ende mit einem Buchholzpunkt vor mir landenden) Thomas Strege abermals für 1.e4. Da ich wusste, dass mein Kontrahent mit c5 antworten würde, wollte ich meine Vorbereitung im Alapin heute mit den weißen Steinen nutzen. Schnell musste ich jedoch einsehen, dass meine sehr ungenaue Eröffnungsbehandlung mir zu keinem Vorteil verhilft. Abermals Remis – letzte Partie mit 1.e4.

 

23.07.2014 – 5.Runde

Ralf:

Mit Erhard Cassens vom SV Lurup Hamburg bekam ich als nächstes einen Gegner, von dem ich schon bei der Betrachtung seiner in meiner Datenbank enthaltenen Partien den Eindruck bekam: Das wird schwer, – der liegt mir nicht. Seine ruhige und stark positionell ausgelegte Spielweise ist nicht unbedingt das, was ich auf dem Brett haben muss. Wie erwartet kam es dann auch. Ruhige Stellung, mit zuerst leichtem Vorteil für ihn. Doch für mich selber überraschend gelang es mir schließlich, die Initiative zu übernehmen.

Stellung nach 35. … Dc2+. In dieser Stellung antwortete mein Gegner mit dem fehlerhaften Zug 36.Kg1. Erst in der nachträglichen Analyse zeigte mir ein wesentlich stärkerer Spieler, dass die Partie schon an dieser Stelle hätte entschieden sein können, und zwar durch 36.Dxb3 37.Lxb4 Dxf3. Nun muß Weiß aufgrund der entstehenden Gefahren durch … Lxd4+ Material geben, um Schlimmeres zu verhindern: z.B. 38.Le2 Lxd4+ 39.Kh2 Db3 (mit der Drohung Lf2 mit Angriff auf Dame und g3 Bauer) 40.Ld1 Db2+ 41.Le2 Lf2 und der Bauer auf g3, die weiße Dame und dadurch auch der Läufer auf b4 hängen.

Diese schöne Chance versäumte ich (ich zog 36. … Sd3), führte aber die Partie im Endspiel zum glücklichen Ende.

 

Dustin:

Eine Partie – 2 Verlierer. So lässt sich die 5. Runde gegen Robert Stoll zusammenfassen. Auf der Suche nach einem Loch in seinem Repertoire stoße ich in meiner Vorbereitung auf ein fragwürdiges Läuferopfer, das Robert bereits zwei Mal im Damengambit gespielt hatte.

Nach 9. … dxc4 schlug er wie erhofft mit 10. Lxh7 den Bauern raus. Nach Kxh7 und 11. Sg5+ überlasse ich wiederum dem Leser die Aufgabe, warum es in dieser Stellung nötig ist, Kh6 zu spielen. Die Folgezüge waren: 12. Dc2 (es droht Matt auf h7) g6 13.h5 Lxg5 14.hxg6+ Kg7 15. Th7+ Kf6 16.Se4+ Kxg6! 17.Sxg5 f5! (s. Diagramm rechts).

Nach 17. … f5 steht Schwarz klar besser. Weiß behält leichten Druck auf der h-Linie, aber eigentlich nichts was mich hätte in Bedrängnis bringen sollen. Wenn Schach doch nur so einfach wäre.

 

Nach 26. … Lc4 war ich mir meines Sieges bereits sicher, sobald der Läufer auf d5 steht, würde er die Stellung komplett dominieren, so dachte ich. Doch nach 27. Sf3! musste ich leider eingestehen, ein Motiv übersehen zu haben. Es droht die Springergabel mit Läufergewinn. Zieht mein Läufer nach d5, zieht Weiß Se5 nebst Th6-Tg6 und steht auf Gewinn. Hierbei entging mir leider die Feinheit, dass ich mich nach Sf3 mit 27. … Kg7 28.Se5 Le2 29.Th6 Lh5 direkt ins Remis hätte retten können.
Schließlich entstand ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern für meinen Gegner, den er mit ein wenig „Wiederkehr-Gen“ mit Sicherheit verwertet hätte. Dem war glücklicherweise nicht so. (s. Diagramm rechts – Stellung nach 47. … Kg7). In dieser Stellung hat es Weiß trotz seines Mehrbauern und seiner besseren Bauernstruktur ungewöhnlich schwierig. Der weiße König ist an die Verteidigung des Bauern b2 gebunden, genauso wie der Turm an die des Bauern e3 – Remis.

 

24.07.2014 – 6.Runde

Ralf:

Mit dem Rückenwind des Sieges vom Vortag hoffte ich gegen Marian Krüger vom SK Union Eimsbüttel auf einen weiteren Sieg. Leider gelang es mir in keiner Phase der Partie, ein druckvolles Spiel aufzuziehen. Immer mehr Figuren tauschten sich ab und am Ende kam es zu einem Springerendspiel, das keine Seite mehr gewinnen konnte. Ergebnis: gerechte Punkteteilung.

Dustin:

In meiner dritten Weiß-Partie entschied ich mich, wieder auf Altbewährtes zu setzen: 1.c4. – Mein Gegner war der aus Polen stammende Lukasz Domanski, 14 Jahre jung und sehr talentiert.

 

Mit einem zwischenzeitigem Qualitätsopfer gelang es mir, früh starke Initiative zu entfalten. In der vorliegenden Stellung entging mir die Pointe Df4! – und Schwarz ist praktisch im Zugzwang. Stattdessen entschied ich mich in höchster Zeitnot für eine konkrete Variante mit Dxg7, welche mir jedoch nur ein leicht besseres Turmendspiel einbrachte, das ich tatsächlich bis über die 5-Stunden-Marke zum Sieg kneten musste. Nichtsdestotrotz war ich sehr zufrieden mit mir, 4½/6 würde mir für den Schlussspurt alle Möglichkeiten bieten, um in den vorderen Rängen mitzuspielen!

 

25.07.2014 – 7.Runde

Ralf:

Mein nächster Gegner kam zur Abwechslung mal nicht aus Hamburg, sondern aus unserem Schachbezirk Nord in Schleswig-Holstein. Es handelte sich um den Flensburger Max Neuendorf. Eine Ungenauigkeit beim Übergang von der Eröffnung ins Mittelspiel brachte mich schwer unter Druck. Ein Fehler beim Berechnen einer Schlagfolge kam dazu und schon waren ein Läufer und damit auch der Punkt in dieser Partie weg.

Dustin:

In der darauffolgenden Runde bekam ich es ein weiteres Mal mit der Kraft der Jugend des SKJE zutun. Mein Gegner war der 13 jährige Robin Keyser, zu diesem Zeitpunkt knapp bei DWZ 1400 liegend. Robin sollte das Turnier mit einem unfassbaren DWZ-Gewinn von 243 Punkten abschließen, Hut ab! – Diese Ansage lässt erahnen, wie schwer Robin es mir machte in unserer Partie. Ich gewann früh eine Qualität durch ungenaues Spiel seinerseits, allerdings gegen Hergabe meines Läuferpaares und Aktivierung seines Figurenspiels. Mit Mühe und (Zeit-)Not rettete ich mich mit Hängen und Würgen ins Remis, eine teuflische Sache, diese Läuferpaare!

 

26.07.2014 – 8.Runde

Ralf:

Wie fast jeder erfahren musste, der schon mal Turnierschach gespielt hat, gibt es in fast jedem Turnier eine Partie, über dessen Ausgang man sich einfach ärgert. So auch meine Partie in der achten Runde gegen Markus Eschweiler vom SK Marmstorf Harburg. Eine Ungenauigkeit meines Gegners nutzte ich gut aus und erreichte eine Stellung mit Mehrbauer und aktiver Stellung. Aus dieser Aktivität entstand bald ein zweiter Mehrbauer, doch dann: ein ungenauer Zug und mein Gegner konnte in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern abwickeln. Remis und damit ein verschenkter halber Punkt.

Dustin:

„Do or die“ – das Motto der 8. Runde. Alles oder Nichts hieß es, um in der letzten Runde die Chance auf Preisgeld in der eigenen Hand zu haben. – Mein Gegner Michael Hippen kam sehr schlecht aus der Eröffnung. In meiner favorisierten englischen Eröffnung gelang es mir, ihn früh positionell zu überspielen (s. Diagramm – Stellung nach 15…Txf5).

An dieser Stelle überlegte ich fast 30 Minuten, welche Fortsetzung ich wählen sollte. Sollte ich mit Lh3 nebst Lxe6 und Lxd4 den Bauern gewinnen? Oder mit g4 und f5 zum Angriff übergehen?

Meine zunächst gewählte Variante beim Rechnen war Le4 nebst f5 und Königsangriff. Es hatte mich etwa zwanzig Minuten gekostet, dies alles durchzurechnen, als mir bewusst wurde, dass ich eigentlich alle Zeit der Welt zur Verstärkung meiner Stellung hatte, da Schwarz dank der schwachen weißen Felder über absolut keine aktiven Pläne verfügt und jeder Zug ihn sogar weiter schwächt. So entschied ich mich für das ruhige Dd2 und Tae1. Michael sah sich in der Not, die Qualität zu opfern, um irgendwie wieder ins Spiel zu finden, was er auch tat. Letztendlich wählte er in einer recht wilden Partie statt einer Remisabwicklung einen Verlustzug in dem vergeblichen Glauben, mich matt setzen zu können. Ein gerade zum Ende sehr glücklicher Sieg, aber ein wichtiger, um mir nun in der Schlussrunde mit einem Sieg mindestens den 4. Platz sichern zu können.

 

27.07.2014 – 9.Runde

Ralf:  

Sonntagmorgen 10 Uhr. Beginn der 9. und damit letzten Runde. Vielen Spielern war anzumerken, dass sie nach einem langen Turnier, wenn es für sie persönlich um nichts mehr geht, mit einem Remis zufrieden wären. Ich selbst hatte mir vorgenommen, die letzte Runde voll auf Sieg zu spielen.

Mein mit Weiß spielender Gegner Johann Gutte schien nicht ganz so kampflustig zu sein, denn schon im frühen Mittelspiel machte er einige unmotivierten Züge, die mir freies Angriffsspiel bescherten. Das Spiel endete in einem erfolgreichem Mattangriff meinerseits und brachte mich auf einen Turnierscore von 5½ Punkten  aus 9 Partien.

 

Dustin:

Während im Mittelfeld, wie von Ralf erwähnt, die Ermüdungserscheinungen deutlich zu erkennen waren, ging es an den vorderen Brettern heiß her. Während Victoria Naipal (7 Punkte), Ricardo Quibael (6½) und Angelika Valkova (6½) sich um den ersten Platz duellierten, ging es an den Brettern 3 bis 10 um das verbleibende Preisgeld. Besonders beeindruckend war für mich, dass sechs von den zehn Spielern an den Brettern 1 bis 5 erst 21 Jahre oder jünger waren. Jugend forscht!

Mich ereilte leider das Lospech, indem ich zum einen die schwarzen Steine zugelost bekam und dies dann auch noch gegen Max Neuendorf, der im Turnierverlauf bereits Ralf besiegt hatte. Ein Weiteres mal entschied ich mich für Sizilianisch – ein weiteres mal kam 2. c3. Max, besser vorbereitet auf die Partie als Bayern München auf die eigene Meisterfeier, setzte mich schnell unter Druck und es erforderte sämtliche Verteidungsressourcen, um die Partie ins Remis zu lenken. In einer fast einstündigen Analyse des folgenden Endspiels (s. Diagramm) mit Manfred Homuth ließ sich dann doch tatsächlich ein Gewinnplan für Weiß finden, inklusive Turmtausch und Springerroute zum Königsflügel, bei der es letztendlich auf ein Tempo ankommt. Unglaublich schwer zu sehen, kein Vorwurf an Max. Dennoch großen Dank an Manfred, der mir nicht nur hier, sondern auch in den anderen Partien meine (taktischen) Mängel klar und ehrlich aufzeigte, nur so lernt man!

So kam es also zum Abschluss des Turniers. Max fand keinen Weg, nach dem Turmtausch durchzubrechen und so mussten wir uns beide unzufrieden damit begnügen, auf die Siegerehrung zu warten, ohne sicher sein zu können, etwas gewonnen zu haben.

Doch das Glück sollte uns beiden hold sein. Während ich den 5. Platz durch meine gute Buchholzwertung (Grüße an alle meine Gegner, die in der letzten Runde hervorragend gepunktet haben) belegte und 100 Euro gewann, wurde Max zwar nur Sechster, gewann allerdings den mit 130 Euro dotierten Jugendpreis, Glückwunsch!

 

Fazit

Ralf:

In der Endabrechnung 16 Plätze besser, als nach der Setzliste zu erwarten, das macht Hoffnung für die nächsten Turniere in Kiel und Lüneburg. Das Zeitnotproblem war bei diesem Turnier völlig verschwunden, leider haben mir die Computerprogramme inzwischen gezeigt, dass die Geschwindigkeit ab und zu ein wenig auf Kosten der Genauigkeit ging. Ansonsten war das 5. St.Pauli-Open  eine gelungene Veranstaltung, die sich auch im nächsten Jahr auf meinem Terminkalender wiederfinden wird.

Dustin:

22 Plätze über dem Erwartungswert, 15 DWZ-  und 23 ELOPunkte gewonnen, damit kann man leben! Was die Platzierung angeht, bin ich vollkommen im Reinen mit mir, die ersten drei Sieger des Turniers (1. Valkova 2. Naipal 3. Quibael) haben das gesamte Turnier ganz vorne gespielt und das Podium ohne jede Frage verdient. Mangelhaft war dagegen mein Zeitmanagement. Zu oft war ich schon im 30. Zug in Zeitnot, ein Umstand, der sich beim Kieler Open hoffentlich bessert. 4 Siege – 5 Unentschieden machen deutlich, wo ich mich zu steigern habe: das Verwerten von Vorteilen!

Das A-Turnier gewann im Übrigen Favorit Igor Khenkin vor Tanguy Ringoir und dem Lokalmatador Niclas Huschenbeth. Besonders erfreulich aus Eckernförder Sicht ist der 4. Platz eines alten Bekannten, Aljoscha Feuerstack!

Insgesamt lässt sich nur Positives vom 5. St-Pauli Open berichten. Der Spielort im Ballsaal des Millerntorstadions sucht Seinesgleichen an Platz und Temperatur, ein großer Analyseraum bietet jedem die Chance, über vergebene Möglichkeiten Tränen zu vergießen und das Organisationsteam um „HaJo“ Kehr macht es nach wie vor hervorragend. Im nächsten Jahr ist bereits eine Liveübertragung im Internet mit Stream und Livekommentar durch eine Kooperation mit chess24.com geplant!

Wer also gerne mal die Gelegenheit ergreifen möchte, die eigene Partie von dem deutschen Nationalspieler Jan Gustafsson analysieren und kommentieren zu lassen, dem empfehle ich, sich für nächstes Jahr um Juli schon mal Urlaub zu nehmen und dieses hervorragende Turnier mitzuspielen. Es lohnt sich!