Ein kleiner subjektiver Erfahrungsbericht von Edmund Lomer / Eckernförde
Vom 28.10. bis zum 08.11.2008 fand die 18. Senioren-Schach-Weltmeisterschaft in Bad Zwischenahn statt, wo 301 Teilnehmer aus aller Welt, darunter viele Großmeister, Internationale Meister und FIDE-Meister um den Titel sowie um gute Platzierungen kämpften. Die Seniorinnen spielten zum großen Teil (aber nicht alle) in einer gesonderten Damengruppe, in der Dietlind Meinke/Leck unser Bundesland vertrat.
Erstmalig nahm ich an diesem mit 11 Runden anstrengenden und anspruchsvollen Turnier teil, das mir reichlich Gelegenheit bot, mich mit hervorragenden Gegnern zu messen. Aus Schleswig-Holstein beteiligten sich ferner FIDE-Meister Hans-Uwe Kock/Büdelsdorf, Uwe Erhart sowie Joachim Thielemann (beide Kiel) an diesem hochrangigen Turnier.
Gemäß ELO-Liste war ich an Nr. 143 gesetzt und mein Ziel war es, eine etwas bessere Platzierung zu erreichen.
Nach musikalischer Begrüßung und Vorführung einer Trachtenkindergruppe begann die 1. Runde. Mir gelang mit den schwarzen Steinen gegen Dieter Müller aus Halle (Nr.296, DWZ 1478) ein problemfreier Gewinn, aber auch solche deutlich schwächer eingestuften Gegner müssen erst einmal besiegt werden.
In Runde 2 wurde es gleich erheblich schwerer: Mit Weiß spielte ich gegen FM Emili Simon aus Spanien (Nr.59, ELO 2247) zunächst recht gut und hätte schließlich mit dem richtigen Königszug sofort remisieren können, aber ich wollte unbedingt in seine Stellung eindringen. Er tat es mir gleich, war aber leider einen Zug schneller und er gewann nach 64 Zügen.
Runde 3 brachte mir den letzten nominell schwächeren Gegner dieses Turniers. Klaus Briesemeister/Lingen (Nr. 229, ELO 1916, DWZ 1604) wollte mich mit den weißen Steinen überrollen (u. a. g4, h4 im 6. und 9. Zug), aber sein Angriff kam nicht zur vollen Entfaltung und meine Konter trafen schnell und präzise. So konnte ich mir einen Ausflug ins nahe Oldenburg leisten und die Ausstellung „100 Jahre Brücke“ besuchen.
Nun aber begann die richtige „Arbeit“, denn alle meine kommenden Gegner hatten deutlich höhere Elo-Zahlen und auch das dementsprechende Können aufzuweisen. Runde 4 bescherte mir Michail Bogorad/Wuppertal (Nr.66, ELO 2234, DWZ 2077), den ich mit Weiß zwar zunächst dominieren, aber nicht besiegen konnte. Sein nicht ungefährlicher Freibauer kam nur bis c2 und nach 20 belanglosen Zügen ohne Schlagfall willigte er im 55. Zug mürrisch in das unvermeidliche Remis ein.
In der 5. Runde trat ich mit Schwarz gegen Rainer Troeger/Ludwigsfelde an (Nr. 80, ELO 2203, DWZ 2136), der vor einigen Jahren eine kurze Zeit für MTV Leck gespielt hat. Nach 63 Zügen war das Remis eigentlich klar, aber er wollte mehr, überzog und zehn Züge später war mein dritter und leider letzter Sieg in diesem Turnier perfekt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine beste Platzierung (Rang 59), die leider keinen Bestand hatte. Immerhin hielt sie einen zusätzlichen Tag vor, da am Ruhetag ein Ausflug nach Emden auf dem Programm stand.
In Runde 6 bekam ich als „Belohnung“ für das bislang Geleistete mit Weiß meinen höchstkarätigen Gegner präsentiert: FM Dr. Klaus Opl/Salzburg (Nr. 23, ELO 2362). Es wurde eine durchaus spannende Partie, aber zuletzt, um den 60 Zug herum, entschied ein Bauer gegen mich. Wie so oft mit Weiß hatte ich mein Spiel zu optimistisch angelegt – natürlich kann man es auch anders ausdrücken.
Nun begann eine Serie hartumkämpfter Remispartien, die bis zum Schluss anhielt. Es war garantiert kein Salonremis dabei, da meine Gegner offenbar alle gegen den „Mittelpatzer“ gewinnen wollten. Diesen hübschen Ausdruck schuf übrigens GM Mihai Suba/Rumänien, der im gleichen Hotel wie meine Hamburger Mitstreiter und Freunde Werner Schirmer, Volker Papenbrock und Karl-Heinz Nugel und ich selbst wohnte. Irgendwann beim Frühstück – oder war es an der Bar ? – kreierte er diese keineswegs böse gemeinte Wortschöpfung.
Den ersten und einzigen IM dieses Turniers bekam ich in der 7. Runde zugeteilt. IM Robert G. Hartoch//Niederlande (Nr. 84, ELO 2196) versuchte natürlich, mit den weißen Steinen zu gewinnen, aber mit präzisem Spiel, das auch Angriffsmomente enthielt, hielt ich die Stellung ausgeglichen. Hartoch bot nach 30 Zügen remis an – sollte ich etwa ablehnen?
In Runde 8 trennte ich mich mit Weiß remis von Rainer Siegmund/Dresden (Nr. 103, ELO 2153, DWZ 1990). Die Analyse bestätigte das Ergebnis und ein Überziehen der Position wollte ich mir diesmal ersparen.
In der 9. Runde erlaubte ich mir eine kleine Unbotmäßigkeit (Dreistigkeit wäre zu scharf formuliert) gegen FM Stanislav Zhelesny/Russland (Nr. 90, ELO 2181). Nach kleineren Problemen beiderseits war eine Remisstellung auf dem Brett, wobei nur mein Gegner noch eine gewisse Möglichkeit zum spielentscheidenden Fehler hatte. Am Zuge befindlich bot er – nicht ganz den Regularien entsprechend – remis, meine Antwort: „first your move please“. Er zog, ich lehnte zunächst ab, aber dann vermied er den möglichen Fehlzug und das friedlich-schiedliche Ergebnis wurde besiegelt.
In der 10. Runde wollte ich nun endlich mal auch mit Weiß gewinnen, aber mein Gegner Karl-Heinz Bondick/Magdeburg (Nr. 92, ELO 2175, DWZ 2101) war nicht bereit, dieses zuzulassen. Mehrere meiner Versuche wurden abgewehrt und plötzlich war seine Dame in meinem Lager. Da ich nun meinerseits alle Bemühungen abwehrte, einigten wir uns im 40. Zug auf remis.
Auch die 11. Runde brachte mir mit Weiß erneut „nur“ ein Remis. Boris Tchetchelnitski/Bremen (Nr. 75, ELO 2216, DWZ 2079) erhöhte mit großem Siegeswillen den Druck auf meine Stellung, aber mit aktivem Gegenspiel hielt ich mit etwas Mühe das Gleichgewicht. Das Remis war nach 61 Zügen gesichert.
So hatte ich am guten Ende 6 Punkte aus 11 Partien mit um 15 Punkten verbesserter ELO-Zahl und es reichte sogar, im „internen Wettbewerb“ als bester Schleswig-Holsteiner Platz 105 einzunehmen. Hans-Uwe Kock erreichte mit ebenfalls 6 Zählern Platz 111, Uwe Erhard wurde mit 5½ Punkten 150. und Joachim Thielemann belegte mit 4 Punkten Platz 269.
Turniersieger und damit Seniorenweltmeister wurde IM Larry Kaufmann / USA vor GM Mihai Suba / Rumänien (je 9 Punkte), wobei nur die Feinwertung entschied. Dem Dresdner GM Wolfgang Uhlmann gelang nicht der erhoffte und ihm von vielen gegönnte große Wurf – er musste mit dem 8. Rang zufrieden sein.