In der Woche vom 30.07. bis zum 05.08.2011 fand im Clubhaus der Rudergesellschaft Germania das 24. Kieler Open mit 110 Teilnehmern statt. An diesen sieben Tagen wurden neun Runden ausgespielt, die erste und zweite sowie die dritte und vierte Runde jeweils doppelrundig. Aus unserem Verein nahmen drei Spieler an diesem Turnier teil, nämlich Ralf Koch und Claus Langmann im ELO-Open (70 Teilnehmer) und Holger Hogreve im DWZ-Open für Spieler bis DWZ 1700 (40 Teilnehmer). – Unsere Spieler erzielten folgende Ergebnisse:

ELO – Turnier

Name

gesetzt an ..

Rd. 1

Rd. 2

Rd. 3

Rd. 4

Rd. 5

Rd. 6

Rd. 7

Rd. 8

Rd. 9

Punkte

Platz

Langmann

36 / 70

0

½

1

½

0

1

1

0

½ 

38

Koch

43 / 70

0

1

½

0

1

0

0

1

0

51

DWZ – Turnier

Name

gesetzt an ..

Rd. 1

Rd. 2

Rd. 3

Rd. 4

Rd. 5

Rd. 6

Rd. 7

Rd. 8

Rd. 9

Punkte

Platz

Hogreve

26 / 40

½

½

0

½

½ 

0

 ½

1

½ 

4

30

Unsere Spieler können mit den Ergebnissen zufrieden sein, liefen sie doch auf Plätzen ein, die ihrem jeweiligen Setzplatz nahe kamen. Außerdem erzielten Hogreve (+24) und Langmann (+7) noch DWZ-Gewinne. Lediglich Ralf Koch mußte einige Abstriche (-14) bei seiner DWZ-Entwicklung hinnehmen.

Sieger des Turniers wurde GM David Baramidze mit 8½ Punkten vor GM Zigurds Lanka und Ulrich Gebhardt mit jeweils 7 Punkten.

Claus Langmann schildert nun aus seiner Sicht einige individuelle Aspekte dieses Turniers:

In der 4. Runde bescherte mir die Auslosung eine besondere Gunst. Ich mußte gegen den 10-jährigen Tigran Poghosyan antreten,  wobei wir beide nicht ahnten, dass damit die Paarung „jüngster gegen ältester Teilnehmer“ aufgerufen war. Es ist mir immer eine Freude, gegen begabte, siegeswillige Kinder anzutreten und ich dachte unwillkürlich vor Beginn unseres Spiels an meine Niederlage gegen den neunjährigen Jiri Navratil, gegen den ich vor einigen Jahren in Tschechien verloren hatte.

Entsprechend ernsthaft begann ich mit Schwarz die Partie. Sie nahm in den ersten Zügen folgenden Verlauf: 1. e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4. La4 Sf6 5. 0-0 Sxe4 6. d4 d5? (hier „vergaß“ ich b7-b5!) 7. Sxe5 Ld7. An dieser Stelle grübelte mein kindlicher Gegner für längere Zeit und ich fragte mich schon: worüber? – aber als er mir 8. Sxf7 vorsetzte, wußte ich es. Den folgenden Komplikationen entkam ich knapp mit heiler Haut und wir landeten schließlich in einem Turmendspiel, in dem ich einen Bauern weniger und eine schlechtere Bauernstellung hatte. Auch in dieser Phase spielte Tigran sehr zielbewußt und schnörkellos und brachte mich an den Rand einer Niederlage. Bis wir zu der hier abgebildeten Stellung kamen.

Zuletzt wurde ein Bauernpaar auf b5 getauscht und der letzte Zug war 55. Kxb5. Ich hatte diese Abwicklung vorausgesehen und überraschte Tigran nun mit dem „Turmopfer“ auf d5 – mit nachfolgender Gabel auf c6 – wodurch die Partie ganz plötzlich zum Remis abgewickelt wurde. Tigran war überrascht, aber nicht traurig. Sein Motto war sowieso, auf dem Kieler Open einiges zu probieren, damit er auf der Weltmeisterschaft, an der er teilnehmen möchte, ein gutes Rüstzeug hat. – Tigrans Vater stand während der ganzen Partie – wie auch bei allen anderen – beobachtend dicht daneben. Er verhielt sich dabei völlig korrekt und nahm in keiner Weise Einfluss auf das Geschehen. Und da das durchaus nicht selbstverständlich ist, möchte ich das besonders herausstellen.

Nach der Siegerehrung stand ich zu einem letzten Bier am Tresen und wurde von dort zu einer geselligen Runde auf der Terrasse des Vereinslokals eingeladen. Wir ließen die Ereignisse der letzten Tage Revue passieren und machten Pläne für die nächsten Monate. Plötzlich brachte Peter Schmidt (Kieler SG / Meerbauer) ein Brett und Figuren an den Tisch und schilderte zur Erheiterung der Anwesenden folgende Kuriosität: 

„In dieser (für Weiß natürlich total gewonnenen) Stellung befanden sich beide Kontrahenten in Zeitnot. Weiß zog 1. Lb7+?, was Schwarz prompt mit dem „Gegenschach“ 1. … Th6+ (???) konterte. Darauf hingewiesen, dass dies ein illegaler Zug sei, stellte Schwarz seinen Turm nach h7 zurück, ergriff seinen König und begann darüber nachzudenken, auf welchem Feld er ihn am besten wieder loslassen solle. Nun protestierte allerdings Weiß und bestand auf der Anwendung der Berührt-geführt-Regel. Notgedrungen folgte 1. … Txb7+! 2. axb7+ Kb8. Erst jetzt ging wohl beiden Spielern auf, dass Weiß das Patt nur unter Aufgabe des Bauern vermeiden konnte, man einigte sich friedlich auf Remis. Zu schade, dass Weiß nicht schon nach 1. … Txb7+! erkannte, was er angerichtet hatte, sonst hätte er mit Hilfe der Springergabel 2. Sd6+(???) mit gleicher Münze zurückzahlen und die Verwirrung weiter steigern können.“

Mit diesem Nachempfinden einer amüsanten Zeitnotaffäre aus dem ELO-Turnier endete für mich das diesjährige Kieler Open. Und ich fuhr sogar mit einem Preis – einer Flasche Sekt – nach Hause, allerdings nicht für schachliche Leistungen, sondern für den Umstand, dass ich der älteste Spieler im Kieler Open war. Da kann ich nur sagen: Dankeschön und „ad multos annos!“