Am 25.01.14 bot die Schachschule Hamburg einen Höhepunkt in ihrer bisher zweijährigen Geschichte an: GM Artur Jussupow lud zu einem ganztägigen Kurs zum Thema „Die Technik zur Realisierung eines Vorteils“ ein. Die Resonanz war entsprechend gut, etwa 25 Teilnehmer fanden sich in den Räumen des HSK in der Hoffnung ein, einiges für die Verstärkung ihrer Spielstärke mit nach Hause nehmen zu können.

Das war nicht unbedingt mein Ziel – ich bin eher darauf angewiesen, meine Spielstärke zu erhalten. Mein Interesse galt vielmehr dem persönlichen Erscheinen und Wirken des Großmeisters, denn ich hatte vor längerer Zeit einmal einen einjährigen Fernlehrgang bei ihm belegt, dessen Inhalt in etwa in seinem Buch „Tigersprung auf DWZ 2100“ nachzulesen – besser: nachzuarbeiten – ist.

Jussupow begann seinen Vortrag mit einer Reminiszenz an sein 1991 in Hamburg gespieltes Turnier. Er wählte seine damals gespielte Partie gegen Wirthensohn und zeigte seinen Zuhörern am Beispiel dieser Partie, dass es meist sinnvoll ist, in der Partieanlage nichts zu überstürzen, sondern Geduld zu investieren und – basierend auf einer ersten Schwäche des Gegners – eine zweite zu schaffen, bevor Entscheidungen gesucht werden. Am Beispiel einer weiteren Partie (Jussupow – Lautier; Amsterdam 1994) wurde dieses Thema vertieft.

Mit diesen beiden Beispielen verging der Vormittag und die Teilnehmer hatten sich eine Erholungspause verdient. Zu den angenehmen Eigenschaften der Schachschule gehört es, dass sie die leiblichen Bedürfnisse der Zuhörer nicht vergisst: Es gab in dieser Pause eine kräftige Erbsensuppe; auch während des Vortrags wurden ständig Getränke für die Zuhörer bereit gehalten – im Preis inbegriffen!

Nach der Pause widmete sich Jussupow drei Partien des neuen Weltmeisters Carlsen. In der Rückschau wird deutlich, dass die einleitenden beiden Partien eine gute Vorbereitung für das Verständnis dieser Partien waren, denn Carlsen ist bekannt dafür, dass seine Partieanlage in der Regel wenig anspruchsvoll ist und dass er seine Siege häufig aus scheinbar gleich stehenden Partien heraus erzielt. Jussupow machte an einigen Partieverläufen auch deutlich, mit welcher Präzision Carlsen seine Zugfolgen berechnet. Ein Höhepunkt war die zuletzt vorgeführte Partie Carlsen – Shirov (Foros Aerosvit 2008), in der Carlsen allen deutlich erkennbaren und naheliegenden Remiswendungen auswich und in einer Stellung mit Endspielcharakter bei ungleichfarbigen Läufern und sehr reduziertem Material den Sieg errang.

Bei dieser Schilderung könnte der Eindruck entstehen, dass Jussupow nur Vortragender war – nein, er ging auf jede Frage der Zuhörer ein, würzte seine Darstellung durch die eine oder andere Anekdote und ließ uns mit dem Gefühl zurück: Wir haben etwas Besonderes erlebt.

Damit nicht genug des Erlebens: Die Schachschule Hamburg feierte am selben Tag ab 18 Uhr ihr zweijähriges Bestehen. Es ist sicher ein Wagnis, eine derartige Einrichtung ins Leben zu rufen. Aber wenn man sich das Programm anschaut (Gelegenheit dazu besteht durch den Link auf unserer Link-Seite), wird deutlich, dass dort mit hohem Engagement der Beginn einer Institution entstanden ist. Entsprechend herzlich waren die Gratulationen und guten Wünsche, die von den Gästen des Abends den Initiatoren gewidmet wurden. Und die Schachschule hatte sich nicht lumpen lassen. Sie bot den Gästen einen Vortrag des ZEIT-Journalisten Ulrich Stock, der – unterstützt durch Audio- und Videomaterial – in sehr lebendiger Weise über seine Erlebnisse bei seiner Begleitung des Weltmeisterschaftskampfes Carlsen – Anand in Chennai berichtete. Den würdigen Abschluss des Tages bildete die Vorführung und Erläuterung der Schlusspartie des Wettkampfs, durch die Carlsen sich zum Weltmeister krönte.