– Ein Bericht von Dustin Möller –

Nachdem sich die Konkurrenz im Abstiegskampf der Landesliga zuletzt wichtige Punkte erspielt hat, hieß es für unsere erste Mannschaft, mit allen Mitteln etwas Zählbares gegen den Tabellenzweiten aus Lübeck mitzunehmen.

Wenngleich wir mit der „ersten Acht“ anreisen konnten, waren die Erfolgsaussichten gemäß der bisherigen Saisonleistungen beider Mannschaften nicht sonderlich hoch einzuschätzen. Dennoch wurde sich auf dem Weg nach Lübeck (auf dem bewährten Anreiseweg mit der Regionalbahn) verheißungsvoll auf das Kommende eingeschworen. Die „erste Acht“, die zu manchem Zeitpunkt während der Bahnfahrt eher der „wilden Dreizehn“ glich, bereitete sich auf verschiedenste Weisen  vor: Die Einen lösten gewissenhaft Taktikaufgaben, die Anderen heizten die innere Kampfeslust mit Rechtsgesprächen über Nachbarhäuser an, während der Autor dieser Zeilen händeringend (und vergeblich) um eine Begleitung zur Landeseinzelmeisterschaft kämpfte und feststellte, dass Plön vielleicht doch mal eine Reise wert wäre.

Nachdem die „wilde Dreizehn“ dann um 10:10 Uhr im Haus von Frau Mahlzahn, dem Vereinsheim des LSV und Höhle des Löwens/Drachens angekommen war, entschied sich Mannschaftsführer Kai Krüger (mit sichtlich zu viel Energie aufgrund der fehlenden Fahrbelastung) zu einer klaren Kampfansage an seine ehemaligen Lübecker Vereinskameraden: „Wir sind hier, um zu punkten!“

Als die Bretter dann freigegeben waren, ließ sich schnell erkennen, dass die Mannschaft der Parole ihres Chefs keineswegs nachstehen wollte. Viele Zweikämpfe zeigten bereits in den frühen Eröffnungsphasen verheißungsvolle Schlagabtäusche. So entschied sich der Gegner von Manfred Homuth, das ABC-Prinzip des Mattsetzens gegen Manfreds fianchettierten Königsläufer anzuwenden: Le3-Dd2-Lh6-0-0-0-h4-h5. Für Manfred hieß es von Beginn an, präzise Verteidigungszüge zu finden, um nicht erdrückt zu werden, bevor das Mittelspiel überhaupt beginnen würde. Dieser Aufgabe zeigte er sich gewachsen und bekam als „Lohn“ ein Remisangebot seines Gegenübers, nachdem dieser ebenfalls einsehen musste, dass der schwarze König noch viele Monde sehen würde. An einem kämpferischeren Tag hätte Manfred gar weiterspielen können. Er entschied sich vollkommen verständlich jedoch dafür, seiner „langen Rochade“ auf dem Punktezettel ein Ende zu verleihen und willigte ein (½:½).

Wenig später einigte man sich auch an Brett 5 auf eine Punkteteilung. In einer nicht allzu ereignisreichen Caro-Kann Partie war für Christopher allemal in der Eröffnung mit einem interessanten Bauernvorstoß Gewinnpotential ersichtlich. Gleiches galt für die Paarung Bendfeldt – Nehls, in der beide einer langen Theorievariante folgten und dann feststellen musste, dass Theorie meist Ausgleich bedeutet (1½:1½).

Für die erste Null aus Eckernförder Sicht war ich verantwortlich. Altmeister Sergej Salov wählte die scharfe Königsindische Eröffnung. Scharf? Ja gerne! Ich wählte eine nicht minder aggressive Erwiderung. Mein anbahnender Königsangriff verleitete den Lübecker Schachfreund zu einem nicht selten gesehenen Figurenopfer. In diesem Fall ein nicht ganz Korrektes. Dass zwei Wege, diese zu gewinnen jedoch einer zu viel sein würde, musste ich schmerzlich feststellen, nachdem meinem König so langsam die Luft ausging. Der gesamte Partieverlauf sowie interessante beigefügte Analysen von Sergej sind auf der Lübecker Seite einzusehen ( https://www.lsv1873.de/index.php/aktuelles/nachrichten/890-hartmut-nehls), reinsehen lohnt sich! Nach unserem heißen Tanz auf dem Brett erhielt ich dann noch eine Gratislehrstunde im Königsinder – ein Angebot von einem Internationalen Meister, das man nicht ausschlägt oder wie Edmund sagen würde: Du bist „nicht in der Position“, dir so etwas entgehen zu lassen (1½:2½).

Apropos nicht in der Position! Gemessen an seiner Spielweise, ist Kai der ungekrönte König von Lübeck und nachfolgend vollkommen in der Position, auch in Zukunft derartige Brandreden zu halten. Mensch, war das eine Partie, Kai! Das Diagramm links zeigt die Stellung nach 10 Zügen, Kai hatte gerade das überhastet erscheinende h7-h5 gespielt. Doch verbarg sich dahinter ein gewiefter Springertango, der bei Edmund sofort Gänsehaut aulöste. Wie im folgenden Diagramm (links unten) zu sehen ist, war es völlig berechtigt, den h-Bauern zum Raumgewinn am Königsflügel zu nutzen. Weiß ist völlig planlos. Der Läufer auf b2 ist ein gesunder Großbauer und der sich nach c1 verirrte Königsturm deckt zuverlässig, aber sehr nutzlos den c5-Bauern.

Währenddessen koordiniert Kai Zug um Zug seine Figuren (Diagramm rechts oben). Holland ist zu diesem Zeitpunkt in höchster Not. Und Kai wäre nicht Kai, wenn er seinen Status als Lokomotivführer nicht eindrucksvoll mit Sh3!! untermauert hätte. Ein Zug, der Kai selbst bei der Analyse am Montag noch Applaus einbrachte. Die Schlussstellung nach Sf3+ ist dann das folgerichtige Resultat einer unglücklich geführten Partie des Lübecker Schachfreunds sowie einer Glanzleistung von unserem Lukas…äh Kai! Vielleicht sollten wir beantragen, dass die Saison erst im März beginnt, irgendwas scheint durch die Frühlingsluft in unserem Capitano geweckt zu werden (man erinnere die LEM des Vorjahres). Stark Kai, weitermachen! (2½:2½).

Ein ausgeglichener Mannschaftskampf bis dato, alles wie erhofft, sollte man meinen. Ein Blick auf die verbliebenden Partien von Edmund, Enrique und Rolf ließ jedoch wenig Hoffnung auf einen Punktgewinn schöpfen. Die Bretter 6-8 sind bei den Lübeckern besonders giftig und bestehen aus den Talenten von morgen – also den Kindern, die normalerweise an Frau Mahlzahn verkauft werden.

Edmund hatte seine Aufgabe als Mitglied der wilden Dreizehn vernachlässigt und war nach einer längeren Theoriediskussion in der Eröffnung noch nicht genügend in der Position vertieft. Früh verlor er eine Qualle, kämpfte sich fast noch in ein Endspiel mit Festung und verlor dann letztendlich doch gegen seinen jungen Gegner (2½:3½).

Mir gehen so langsam die Rollen aus. Rolf, eigentlich würde ich dir den „Herr Ärmel“ andrehen, aber nach deinem abgebrühten Sieg verdienst du eher eine Mischung aus Lokomotive Emma und König Alfons. Nachdem Lukas Rolf früh in der Partie untersagte, das Remisangebot vom Gegenüber anzunehmen, musste sich dieser lange Zeit gegen die Offensivbemühungen von Tom-Linus Bosselmann wehren. Ich hatte die Partie im anliegenden Analyseraum als verloren eingestuft und hatte daher wenig Hoffnung auf Zählbares. Dass Erfahrung dann doch hin und wieder die Oberhand gegenüber jugendlichem Übermut behält, zeigte sich an diesem Tage. Rolf blieb zäh und setzte nach der ersten Zeitkontrolle zum geschickten Gegenschlag an. Erst gewann er mit einer Springergabel von f1 die Qualle und setzte dann forciert bis zum Matt fort. Da hatte Emma Nerven wie Drahtseile, das war ganz stark! (3½:3½).

Nebenan remisierte Enrique nach kurzen Träumereien, ein ungleichfarbiges Läuferendspiel (erneut) zu gewinnen (4:4).

Ein Mannschaftspunkt! Das kann sich gegen den Tabellenzweiten doch sehen lassen. Da Schwarzenbek und Bad Schwartau sich jedoch mit wichtigen Siegen aus dem Abstiegskampf verabschiedet haben, müssen wir auch an den kommenden beiden Spieltagen noch punkten, um die Klasse zu halten. Leck wird sich dank der desaströsen Auswärtsaufstellungen nicht mehr vom letzten Platz lösen können. Mit ein wenig Glück (einem Nicht-Abstieg von Neumünster aus der Oberliga) steigt nur eine Mannschaft aus der Landesliga ab. Von nun an wird somit auch mit einem halben Auge auf die Schachfreunde aus Neumünster geschielt.

Dennoch bleibt uns vorerst ein Zweikampf mit Bad Segeberg, die derzeit noch einen Mannschaftspunkt vor uns liegen. Das Restprogramm spricht auf dem Papier gegen uns, doch spielen wir ohnehin gegen „die Großen“ immer besser. Alles offen – jetzt heißt´s kämpfen, Jungs!