– Ein Bericht von Christian Devic –

„Dieses Jahr nahm ich zum ersten Mal am Kieler Open  teil. Dieses Open wird in zwei Gruppen gespielt: das ELO-Open (offen für alle; 93 Teilnehmer) und das DWZ-Open (offen für Spieler mit einer DWZ unter 1700; 42 Teilnehmer). Da ich eine aktuelle DWZ von 1687 habe, hatte ich die Wahl. Ich entschied mich, mein Glück in der DWZ-Gruppe zu versuchen. Das Turnier startete am Wochenende, dem 27. und 28. Juli 2013. An den ersten beiden Tagen wurden jeweils zwei Runden ausgetragen. Die restlichen fünf Partien sollten täglich von Montag bis Freitag stattfinden. Für das Wochenende wurde eine große Hitzewelle vorausgesagt. Diese Drohung wurde auch eingehalten und hat sicher den einen oder anderen Spieler bei seinen Grübeleien beeinträchtigt.

In der ersten Runde traf ich mit Schwarz auf Robert Haye (1280 DWZ) vom SG Phönix Gettorf. Ein stark unterbewerteter Gegner, was durch sein Turnierergebnis (6. Platz mit 5½ aus 9) bestätigt wurde. Die Tabelle der vorläufigen DWZ-Auswertung führt er am Ende des Turniers mit einem Zugewinn von 169 Punkten an! Dementsprechend geriet ich in Schwierigkeiten, so dass es nach 26. Zügen so aussah: Laut meinem Schachcomputer stehe ich noch nicht einmal schlechter, aber praktisch ist diese Stellung für Schwarz sehr unangenehm zu spielen. Den nächsten weißen Zug, der mit einer hübschen Idee verbunden ist, hatte ich komplett übersehen: 27. Sg6!? Die Idee ist, durch das Figurenopfer die geöffnete h-Linie zu nutzen, um mit der Dame auf h7 matt zu geben. Glücklicherweise hatte ich noch genug Verteidigungsressourcen. 27. … hxg6 28. hxg6 Dxe4! Nun drohe ich selber Matt, wodurch ich letztlich mit einer Mehrfigur spielte und die Drohungen meines Gegners neutralisierte. Mit etwas Vorbereitung (z.B. eine Dame auf der h-Linie) hätte diese Idee auch meine Niederlage bedeuten können. Die schwüle Hitze reagierte sich durch ein Gewitter ab und so konnte die 2. Runde mit einer frischeren Luft fortgesetzt werden. Der Verlauf dieser Partie ist schnell erzählt: Ich gewann ziemlich früh einen Bauern und konnte in der links abgebildeten Stellung die Entscheidung beschleunigen. Um keine Komplikationen zuzulassen, spielte ich 28. Txh5 Kxh5 und 29. Sxd6, obwohl sofort 28. Sxd6 sicherlich besser gewesen wäre. So beendete ich den ersten Tag mit 2 aus 2 Punkten mit vier weiteren Spielern.

Den nächsten schweren Brocken bekam ich mit Schwarz in der dritten Runde mit Patrick Saß (1545 DWZ) vom SV Bad Schwartau. Die Hitze spielte ebenfalls wieder mit. Nachdem ich aus der Eröffnung ziemlich stark herausgekommen war, spielte ich ungenau weiter und mein Vorteil wurde immer kleiner. Mein Gegner fand auch stets die besten Verteidigungszüge. In dieser Stellung war mein Vorteil auch schon weg. Mein nächster Zug … g6-g5 wird vom Computer mit 0,0 als absolut ausgeglichen bewertet. Im vorherigen Partieverlauf war mein d-Bauer ziemlich stark, inzwischen musste ich aufpassen, ihn nicht zu verlieren. Nach einigem Lavieren konnte ich irgendwann mit g4-Motiven den Schutz des Springers lösen und die Partie gewinnen. Auch Patrick Saß spielte ein starkes Turnier und landete auf dem 5. Platz mit 6 aus 9 Punkten.

In der vierten Runde traf ich auf Uwe Weck (1352 DWZ) vom SK Kaltenkirchen. Wir beide waren in dieser zweiten Partie des zweiten Tages die einzigen mit 3 aus 3 Punkten. Demnach ein wichtiges Match für uns. Wahrscheinlich erwischte ich ihn auf dem falschen Fuß, als ich ziemlich früh eine Figur und somit die Partie gewann. Denn auch er spielte ein starkes Turnier und wurde mit 6 aus 9 Punkten Vierter! Somit stand ich am Ende dieses zweiten Tages mit 4 aus 4 Punkten auf dem ersten Platz. Meine direkten Verfolger waren acht Spieler mit 3 Punkten.

Ab jetzt konnte ich mich auf meine Gegner vorbereiten, da an den restlichen Tagen nur eine Partie täglich ausgetragen wurde. Für die 5. Runde bereitete ich mit Schwarz einen Aufbau gegen das Colle-System vor und gewann. Das Feld lichtete sich langsam und zwei Spieler mit 4 aus 5 Punkten blieben übrig. In der sechsten Runde wurde ich mit Weiß gegen Malte Hentrop (1656 DWZ) von den Findorffer Schachfreunden gelost. Mir war klar, dass dies eine der entscheidenden Runden sein würde. Malte hat dieses Turnier bereits einmal gewonnen!

Nach 7. g3 erreichten wir diese Stellung. Hier befanden wir uns noch in meiner Vorbereitung. Ich erlaubte, dass Schwarz mit 7. … Sxf4 das Läuferpaar erhielt, mir einen Doppelbauern verpasste und bakam im Gegenzug Kontrolle über den Punkt e5. Schwarz würde sonst durch den Bauernvorstoß … e5 ausgleichen. Nach meiner Einschätzung würde er sich in der von mir gewählten Variante viel mehr anstrengen müssen. Wie auch immer, diese Partie wurde ziemlich scharf und nach 21 Zügen erhielt ich ein leicht besseres Endspiel und in der rechts abgebildeten Stellung ein Remisangebot. Obwohl ich sonst meine Partien lieber auskämpfe, kam es mir in diesem Fall gar nicht so unrecht. Ich willigte ein und behielt mit 5½ aus 6 Punkten einen Ein-Punkte-Vorsprung vor drei Verfolgern. In der siebten Runde lief mein sympathischer Gegner Gerd Busse (1643 DWZ) vom SV Holstein Quickborn ebenfalls in meine Vorbereitungen und so konnte ich wieder punkten. Auch am Nachbartisch setzte sich Malte Hentrop durch und blieb mir durch nur einen Punkt Abstand auf den Fersen. Eine einzige Niederlage meinerseits würde ihm die Chance geben, mit mir gleichzuziehen.

Die 8. Runde hätte die Vorentscheidung bringen können. Ich musste dafür gewinnen und Malte Hentrop remis spielen. Da wir aber beide gewannen, war mir der 1. Platz noch nicht sicher. Ich hatte jetzt 7½ aus 8 Punkten und Malte 6½ aus 8. Den Rest hatte ich abgehängt.

Am Freitag, in der neunten und letzten Runde traf ich auf Bernd Zielke (1585 DWZ) vom TuS Holtenau. Er ist bekannt dafür, dass er sehr schnell zieht. An diesem letzten Spieltag kehrte die Hitze zum Abschied noch einmal zurück. Am zweiten Brett spielte Malte Hentrop gegen Patrick Saß (mein Gegner aus der 3. Runde). Eine spannende Begegnung, deren Ausgang ich für offen einschätzte. Bernd Zielke wurde seinem Ruf gerecht und verbrauchte für unsere gesamte Partie sieben Minuten Bedenkzeit. Aber trotzdem hatte er seine 5½ aus 9 geholt, weshalb man sein schnelles Ziehen nicht unterschätzen darf. Allerdings vertauschte er – wie er mir nach der Partie sagte – die Reihenfolge seiner Züge und zog in dieser Stellung Da4. Mein letzter Zug in diesem Turnier … Lb3 gewann die Dame, die Partie und mit 8½ aus 9 Punkten das DWZ Open.

Malte Hentrop konnte gegen Patrick Saß das Remis halten, nachdem er unter Druck geraten war. Damit hat er mit 7 aus 9 Punkten den zweiten Platz belegt.

Während des Turniers habe ich mich sehr gefreut, auch einige Mitglieder meines bisherigen Vereins – dem Flensburger Schachklub – getroffen zu haben.“

Eine kleine Ergänzung: In dieser Gruppe hat auch Holger Hogreve mitgespielt. Bis zur 8. Runde hatte er 2½ Punkte und einen erwartbaren 36. Platz erkämpft, an der 9. Runde konnte er wegen eines Trauerfalls in seiner Familie nicht teilnehmen.