Foto: Yvonne Nagel

– Ein Bericht von Ralf Koch –

Nachdem ich aus gesundheitlichen Gründen eine mehrmonatige Spielpause eingelegt hatte, wollte ich vom 15.08 – 23.08.2015 im A-Open beim Schachfestival in Lüneburg wieder aktiv ins Turniergeschehen eingreifen. Dieses Turnier hatte mich schon im Vorjahr durch seine herausragende Organisation und den wirklich sehr guten Spielbedingungen überzeugt. So machte ich mich also täglich, mit dem nötigen Sitzfleisch für meine obligatorische Fahrt mit der Eisenbahn ausgerüstet, auf den langen Weg nach Lüneburg, um pünktlich um 16 Uhr am Brett zu sitzen.

Als 66. der Setzliste (von 84 Teilnehmern) nahm meine Erstrundenpartie gegen den Hamburger Hans-Jörg Jantzen (ELO 2128) den meist für solche Open typischen Verlauf. Nach langem und zähen Kampf setzte sich am Ende doch die Spielklasse meines Gegners durch und ich konnte für mich die erwartete „0“ verbuchen.

In der zweiten Runde bekam ich mit Male Mieck von Doppelbauer Kiel (DWZ 1995) einen Gegner, der auf dem Papier nicht viel leichter schien als mein Erstrundengegner. Erschwerend kam noch hinzu, dass es mir bei einem Turnier in Bargteheide vor einiger Zeit gelungen war, diesen Gegner zu besiegen, – ich durfte also ziemlich sicher sein, dass mein Widerpart sich nicht noch einmal überraschen lassen würde. Am Brett übernahm mein jugendlicher Gegner dann auch recht schnell das Kommando und trotz tapferer Gegenwehr musste ich am Ende die zweite Niederlage in Folge quittieren.

Nach zwei stärkeren Gegnern und den beiden fast erwarteten Niederlagen in den beiden Anfangsrunden brachte mir die dritte Runde einen nominell leichteren Gegner. Dem vereinslosen Hamburger Mi Gufeng war ich schon auf mehreren Turnieren im Hamburger Raum begegnet und wusste, dass seine Elozahl von knapp 1400 nicht seiner wahren Spielstärke entspricht und dass mir höchstwahrscheinlich eine lange und zähe positionelle Partie bevorstand. Fast vier Stunden lang wehrte mein Gegner alle meine gut gemeinten Attacken ab, um dann am Ende doch einem für seinen König „tödlichen“ Mattangriff zu erliegen.

Eine gewonnene Partie in einem „Open“ bringt in der nächsten Runde meist einen wesentlich stärkeren Gegner. Für mich bedeutete dies in der vierten Runde die Begegnung mit einem weiteren jugendlichen Talent aus unserer Landeshauptstadt. Mein Kontrahent Lukas Wanner vom SK Doppelbauer Kiel hatte erst unlängst beim Kieler Open gegen unsere Eckernförder Nummer 1 Manfred Homuth ein Remis erreicht, war also nicht nur auf Grund seiner DWZ von knapp 2000 klarer Favorit gegen mich. So war es sicherlich auch keine Überraschung, dass ich mich nach dieser Runde bei drei Niederlagen und „1 aus 4“ in den unteren Gefilden der Turniertabelle wiederfand.

Nach der Auslosung zur nächsten Runde war ich mir sicher, dass das Losglück bei diesem Turnier nicht auf meiner Seite war. Als Gegner wurde mir Felix Ihlenfeld (ELO 1520) vom Hamburger SK zugelost. Gegen diesen hatte ich schon beim letztjährigen Klubturnier des HSK, wo ich ja gern als Gast mitspiele, eine schmerzhafte Niederlage einstecken müssen, die mir in der Endabrechnung sogar den Turniersieg gekostet hatte. Auch nach dieser Partie gab es für mich nur das Fazit: „Es gibt halt Gegner, die liegen einem vom Spielstil her einfach nicht.“ Es war eine lang umkämpfte Partie mit wechselseitigen Chancen und am Ende wieder eine „0“. Auf der abendlichen Rückfahrt nach Eckernförde sah ich mir meine Partien bei diesem Turnier noch einmal in Ruhe an. Innerlich ganz schön angefressen vom bisherigen Misserfolg, kam ich zu dem Ergebnis, dass ich in den bisherigen fünf Partien keine zu offensichtlichen Fehler begangen hatte, aber trotz alledem am Ende vier Mal überspielt worden war. Mit dem festen Vorsatz, am nächsten Tag erfolgreicher zu spielen, kam ich kurz nach Mitternacht wieder in Eckernförde an.

Mein Gegner der 6. Runde, Olaf Langejürgen, setzte sich nach eigenen Angaben direkt nach der Arbeit ans Turnierbrett, sicherlich nicht die beste Vorbereitung. So übersah er im frühen Mittelspiel auch eine taktische Drohung und gab wenige Züge später in hoffnungsloser Stellung auf.

Auch die folgende Runde bescherte mir mit Vivien Sophie Leinemann vom Hamburger SK eine schon bekannte Gegnerin. Beim Ani-Cup in Rahlstedt im Dezember 2014 hatte mir die junge Dame das Leben ganz schön schwer gemacht und ich war dort nur ins Remis entwischt, weil sie wohl im Gefühl des sicheren Sieges eine Pattfalle übersehen hatte. Vorgewarnt durch den damaligen Spielverlauf, spielte ich diesmal energisch auf Angriff und schaffte es schließlich, in ein gewonnenes Endspiel abzuwickeln. Mit 3 Punkten aus 7 Runden sah das Ergebnis jetzt schon etwas freundlicher aus.

Die vorletzte Runde hielt als Gegner den Lokalmatador Peter Raasch vom Lüneburger SK für mich bereit. Wie seine Elozahl von 1821 erwarten ließ, wurde diese Partie ein Vergleich auf Augenhöhe, in dem Mal die eine Seite und dann auch wieder die andere Vorteile zu sammeln schien. Ein taktischer Fehler meinerseits bescherte dem Herrn aus Lüneburg am Ende den vollen Punkt.

Die 9. und letzte Runde hält für mich mit Tino Paulsen von den Schachfreunden Hamburg einen Gegner vom gleichen Kaliber bereit. Entschlossen, in der letzten Partie noch einmal alles zu geben, gelang es mir, mit Schwarz die Initiative zu übernehmen und einen gefährlichen Angriff zu inszenieren. Leider übersah ich eine vielversprechende Fortsetzung, und so konnte mein Gegner diesen abzuwehren und meiner Meinung nach in ein für ihn vorteilhaftes Endspiel abzuwickeln. Wie von Dr. Karsten Müller in seinen ChessBase-DvDs gefordert, bemühte ich mich im entstandenen Turmendspiel, meinen Turm aktiv zu positionieren und erzielte so am Ende eine verdiente Punkteteilung. Mit 3½ Punkten erreichte ich am Ende den 65. Platz, hatte also zumindest meinen Platz in der Setzliste sehr leicht „verbessert“, musste allerdings wie im Vorjahr erkennen, dass das Lüneburger Schachfestival leistungsmäßig ein recht hartes Pflaster für mich darstellt, denn hier muss jeder Punkt wirklich hart erkämpft werden.

Trotzdem bin ich natürlich überzeugt, dass es mir im nächsten Jahr gelingen wird, 50% der möglichen Punkte zu erreichen.

Die Organisation und die Spielbedingungen hatte unser Webmaster in seinem letztjährigen Bericht bereits lobend erwähnt und auch dieses Jahr hatten Jonathan Carlstedt und Martin Becker zusammen mit ihrem Team eine herausragende Schachveranstaltung auf die Beine gestellt. Wer mehr über dieses schachliche Großereignis erfahren möchte, findet einen schönen ausführlichen Bericht über die verschiedenen Turniere und Lüneburger Impressionen hier.